Keepsake (Frogster Interactive) geschrieben von Jana Voth
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Die Magie greift um sich. So ist es schon jahrelang, spätestens seitdem J. K. Rowling ihren kleinen Magier Harry Potter auf die Welt losgelassen hat. Adaptionen zu ihren Büchern, auch in Spielform, gibt es zur Genüge, so scheint sich Keepsake auf den ersten Blick ebenfalls in die Gruppe der Potter-Kopien einzureihen. Nur, dass eben dieses Mal ein Mädchen, etwas älter als der kleine Harry, auf eine Magierakademie kommt. Doch weit gefehlt, wer während des Spiels weitere Parallelen zu Hogwarts findet, außer solchen, die eine Magierschule zwangsweise mit einer anderen Magierschule gemeinsam hat, wird auch in "Need for Speed" Parallelen zu "Harry Potter" finden. Von Leuten, die sich nicht freuen, wenn der Unterricht unerwartet ausfällt Lydia, die Heldin in diesem Spiel, ist ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen. Seit ihrem zwölften Lebensjahr arbeitete sie hart auf dem Markt, um es sich leisten zu können, nun die berühmte "Dragonvale-Akademie" für Magie zu besuchen. Dort möchte sie nicht nur in der Kunst der Zauberei geschult werden, sondern auch ihre beste Freundin aus Kindes Tagen wiedersehen, Celeste. Der Vater ihrer Freundin ist der Direktor der Schule, weshalb Celeste vor Jahren mit ihm dorthin ziehen musste. Als sie sich damals trennten, gab Lydia ihrer Freundin eine Puppe und ihre Freundin ihr eine Spieluhr. Diese Geschenke sollten sie für immer verbinden. So viel zur Vorgeschichte. Das eigentliche Spielgeschehen setzt ein, wenn Lydia zum ersten Mal an der Schule ankommt. Doch ist ihre Freundin nicht nur am vereinbarten Treffpunkt weit und breit nicht zu sehen, sondern die gesamte Akademie ist leergeräumt. Na ja, fast leergeräumt: Ein Händler namens Mustavio ist aufzufinden, hier und da eine Kreatur und, nicht zu vergessen, Zak, ein Wolf mit Höhenangst, der von sich behauptet, eigentlich ein Drache zu sein und ein paar Studenten seine jetzige Form zu verdanken hat. Zusammen mit Zak macht sich die Protagonistin auf den Weg, um herauszufinden, was mit den anderen Studenten, den Lehrern und vor allem ihrer Freundin passiert ist. Gameplay oder "Ein Myst bitte, aber mit einem Hauch Harry Potter" Beim Starten eines neuen Spiels wird man zuerst von einem Intro begrüßt, dessen Inhalt noch eher Fragen aufwirft, als wirklich erstes Verständnis für das Geschehen zu erzeugen. Darauf folgt ein Tutorial, bei dem die allgemeine Steuerung des Spiels durch Mustavio leicht verständlich erklärt wird. Inhaltlich ist dieser Teil aber vom eigentlichen Geschehen gesondert zu sehen, da Lydia, wenn sie ihm später wieder begegnet, ihn nicht zu erkennen scheint, obgleich der Übergang vom Tutorial zum eigentlichen Spiel fließend ist. Keepsake ist, ohne jegliche Ausnahme mit der Maus zu bedienen, eigentlich sogar fast nur per Linksklick, dank der altbewährten "Point & Click"-Methode. Dabei bewegt man Lydia und ggf. Zak durch eine dreidimensionale Welt, die man von Areal zu Areal in verschiedensten Kameraperspektiven sieht, die festgelegt und nicht durch den Spieler beeinflussbar sind. Das Geschehen ist hauptsächlich aus der Vogelperspektive, über den Köpfen Zaks und Lydias, zu beobachten. Ist man aber gerade dabei ein Rätsel zu lösen, wechselt die Ansicht in die First-Person- Perspektive. Wie bei anderen Spielen dieser Art auch, verändert sich der Mauszeiger entsprechend der Aktion, die an der Stelle möglich ist. So zeigen ein paar Zahnräder an, dass man beispielsweise eine Maschine bedienen kann und ein rotes "X" zeigt, dass man an der Stelle nichts tun kann, auch nicht hinlaufen. An manchen Orten lässt sich schwer erkennen, wo es weitergeht und es lohnt sich die Maus über den Bildschirm wandern zu lassen, um zu erkennen, dass der vermeidliche Abgrund doch eine Treppe war, oder neben dem Gang, der sich in der Mitte des Bildschirms präsentiert, noch ein kleinerer links unten ist, kaum bis gar nicht sichtbar, der einen aber um einiges weiter bringt, als der andere. Treppen gibt es übrigens in dem - zugegebener Maßen hochgebauten - Gebäude einige. Die Wege zwischen den Aufgaben strecken sich schier ins Unendliche, vor allem, wenn man weiß, dass der Ort, zu dem man möchte, eigentlich nur ein paar Meter Luftlinie entfernt sein dürfte, man dafür aber einmal quer durch die Akademie laufen muss. Der eigentliche Inhalt des Spiels sind die Rätsel, die sehr an die "Myst"-Reihe erinnern. Allerdings unterscheiden sie sich sehr in Komplexität und durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. Viele der Aufgaben in Keepsake lassen sich auch ohne Hintergrundwissen lösen. Das führt dazu, dass man einige Rätsel womöglich schon erledigt hat, lange bevor es der Handlungsstrang vorgesehen hat. Die Dialoge passen sich in diesem Fall an, auch wenn es merklich nicht geplant war. Dumm ist nur, wenn man einen Gegenstand gefunden hat, bei dem man mit Sicherheit weiß, dass und wofür man ihn noch brauchen wird, man ihn aber erst mitnehmen kann, wenn bestimmte andere Aufgaben für den Handlungsstrang erfüllt wurden, sei es auch nur ein Gespräch. So beschwert sich Lydia beispielsweise, dass da im Raum zwar ein schöner Kessel steht, dieser aber viel zu schwer für sie sei. Nachdem man einige weitere Dialoge über sich ergehen lassen hat, nimmt sie ihn dann doch mit. Allgemein wird verhältnismäßig viel "gelabert". Die Dialoge mit dem Händler und Zak bringen zwar auch einiges an wichtigen Informationen zum Weiterkommen, aber gerade im späteren Verlauf des Spieles "tratscht" Zak ziemlich viel, was die Hintergrundinformationen teilweise erweitert, oft aber einfach nur nervig ist. Durch einen Button mit einem Fragezeichen, links unten am Bildschirmrand, lässt sich, wie in einem Dialogfenster, eine Hilfe einblenden. Zum einen gibt es hier die Spielhilfe, die angibt, wo man als nächstes hinlaufen muss, also wo sich die nächste Aufgabe befindet. Dabei werden kurz, statt des normalen Bildschirms, ein paar Screenshots vom Zielort eingeblendet sowie kleine Anweisungen, wie der Name des Ortes. Es empfiehlt sich, diese Hilfe zu verwenden, wenn man dem "echten" Handlungsstrang folgen will, obgleich etwas vom Spielspaß dadurch verloren geht, aber nicht immer sind die Aktionen, die man laut Plan vollziehen sollte, so logisch nachvollziehbar. Eine zweite Hilfe wird nur in der "Rätselperspektive" aktiv. Hier kann man sich bei Bedarf zuerst einen kleinen Tipp holen, hilft aber auch das nicht weiter, gibt es die Möglichkeit weiterer Tipps, bzw. auch der Komplettlösung. Gerade bei Rätseln, die ein wenig kniffliger sind, ist der Button ziemlich verlockend, aber eigentlich sind alle Rätsel in diesem Spiel mit etwas Nachdenken gut zu knacken. Trotzdem ist für Einsteiger des Genres die Hilfe vielleicht ganz praktisch, um das Spielprinzip erst einmal zu verstehen. Unabhängig davon, wo man sich gerade befindet, kann man das Spiel speichern, nur darf man nicht gerade in der Rätselperspektive sein. Nur drei Klicks sind nötig, um den Spielstand unter dem Namen des Ortes, an dem man sich gerade befindet, sowie des genauen Datums samt Zeit zu speichern. Während man in der Schule unterwegs ist, sammelt man hin und wieder auch Gegenstände ein, die in zwei verschiedenen Inventaren landen. Das eine dient nur für Objekte, die man näher betrachten sollte, wie ein Notizbuch. In dem Anderen landen Pflanzen, Schlüssel und Ähnliches. Im Verlaufe der Handlung findet man auch die Puppe, die Lydia ihrer Freundin gegeben hatte. Auch sie wird, zusammen mit der Spieluhr, die Lydia noch hat, im Inventar untergebracht. Unsere Heldin hat regelmäßig Visionen, sobald sich die Puppe im Inventar befindet. Hat sie eine Vision zum ersten Mal erlebt, wird sie im Visionen-Menü freigeschaltet und kann immer wieder angesehen werden, das heißt, im Visionen-Menü sind immer Bilder von allen Visionen zu sehen, die sie erleben kann. Solche, die sie noch nicht "gefunden" hat, werden durch Bilder dargestellt, die sich farblich von den anderen unterscheiden, und können auch nicht angesehen werden. Ähnlich werden im Inventar stets alle Gegenstände angedeutet angezeigt, die sie finden kann. Grafik Hier zeigt sich Keepsake zum einen von seiner Schokoladenseite, offenbart aber gleichzeitig die Gründe für die recht geringen Systemanforderungen. Sehr viele Szenen im Spiel ließen sich ohne weiteres als Gemälde verkaufen. Dies sind aber vorzugsweise die Szenen, in denen die Charaktere aus größerer Entfernung zu sehen sind. Im Hintergrund wurde wirklich nicht an Details gespart: Selten wirkt die Umgebung eintönig. In den Wäldern scheint jedes Blatt und jeder Grashalm mühevoll gestaltet worden zu sein und auch in der Akademie gibt man sich selten mit einfachen grauen Flächen als Wände zufrieden. Die Farbwahl ist meist sehr stimmungsvoll Fantasy-getreu, nur hin und wieder scheint sie einfach unpassend. Auch die Farbwahl bei den Charakteren ist nicht schlechter, aber die Animation ist auf einem ganz anderen Niveau als der statische Hintergrund - leider nicht auf einem besseren. Zak und Lydia scheinen Treppen hoch- und hinunterzuschweben, weil ihre Laufbewegungen weder mit ihrem Tempo noch mit der Position der Stufen harmonieren. Bei Zak sind die Makel in der Animation noch auffallender, da er, wenn er seine Richtung ändert, nicht seine Pfoten bewegt, sondern wie auf einer Drehscheibe in die richtige Richtung gewiesen wird. Er neigt auch dazu, durch Lydia hindurchzulaufen und gelegentlich in Wänden zu verschwinden. Lydia hat also nicht nur einen Wolf an ihrer Seite, der meint, er sei ein Drachen, nein, er ist zudem scheinbar noch ein Geist. Dafür, dass zum Beispiel Animationen für das Drehen fehlen, gibt es solche, die es dem Charakter erlauben, während Gesprächen zu gestikulieren, was dem Ganzen wieder etwas mehr Leben einhaucht und den Eindruck einer "realen" Welt ein wenig stärkt. Etwas Ähnliches wird mit magischen Kerzenleuchtern, Feuerstellen, Springbrunnen und Wasserfällen erzielt. Das eigentliche Spielgeschehen wird häufig von kleineren oder auch größeren Filmausschnitten unterbrochen, nämlich immer dann, wenn die Animationen komplexer werden. Allgemein sind die Filme detailärmer und wirken etwas verwaschen, auch bei den Farben. Was die Grafikeinstellungen betrifft, lässt sich, von der Helligkeit abgesehen, nicht an der Grafik im Spiel rumschrauben. Es gibt auch keine wirklich spürbaren Unterschiede, ob man nun mit einem Rechner spielt, der die Anforderungen gerade so erfüllt, oder mit einem, der gut das Doppelte leistet. Sound oder "Mangelware" Über lange Strecken hinweg sind Lydias Schritte in den großen Hallen das einzige, was zu hören ist. Das lässt die Atmosphäre der großen, leeren Gänge gut auf den Spieler wirken. Dadurch kommt man leider nur selten in den Genuss der wunderschönen Hintergrundmusik, die von verträumten Spieluhrklängen bis zu lustig-antreibenden Liedern reicht. Über die Qualität der Vertonung der Dialoge lässt sich streiten. Die Tonqualität ist sehr gut und die Sprecher wirken professionell, doch passt die Betonung hin und wieder so gar nicht in den Kontext oder die Pausen zwischen dem Gesagten sind zu groß. Es ist auch etwas ungünstig, wenn Gesprochenes erst abgespielt wird, wenn die Aktion, zu dem es gehörte, schon längst beendet wurde, weil vorher noch ein anderer Charakter ausreden musste. Anzuerkennen ist, dass sich die Lautstärke der Dialoge dem Abstand zum jeweiligen Charakter anpasst. Keepsake erinnert von der Story her ein wenig an Harry Potter und beim Gameplay reichlich an Myst, wartet aber auch mit eigenständigen Ideen auf. Glänzen tut dieses Spiel nicht durch innovative Rätsel, sondern vor allem durch die zumeist herrliche Grafik, die schönen Soundtracks, eine tiefgründige Hintergrundgeschichte und die im Zusammenhang damit liebevoll gestalteten Charaktere. Die angenehm niedrigen Systemanforderungen muss der Spieler durch Abstriche in den Animationen bezahlen. So mancher Spieler wird einfach mal einige Momente auf einem der höheren Türme der Akademie verweilen und den Anblick über das Drachental auf sich wirken lassen. Wer diese Muße nicht hat und auch wenig Geduld für die oftmals langen Wege zwischen den Aufgaben mitbringt, sollte schon einmal Kaffee ansetzen, bevor er das Spiel beginnt. (13.12.2005)
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