Call of Duty 4 - Modern Warfare

Call of Duty 4 - Modern Warfare

(Activision)

geschrieben von Jan-Tobias Kitzel

 

 
Entwickler: Infinity Ward
Publisher: Activision
Genre: First-Person-Shooter
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Call of Duty 4 - Modern Warfare
Preis: ca. 49 €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG

 

Normandie? Kenn ich schon. Dünkirchen? Schon achtmal befreit. Das M1-Garand? Kann ich im Schlaf nachladen und selbst mit vollem Müsli-Mund noch das charakteristische "Pling" nachmachen. Es ist also Zeit für etwas Neues. So oder so ähnlich haben nach diversen WW2-Spielen auch die Jungs von Infinity Ward gedacht und schicken uns im Gegensatz zu den ersten drei "Call of Duty"-Teilen diesmal nicht wieder in die Kraut-Zeit, sondern in heutige Gefilde. Wenn auch in sehr ungemütliche.

Gameplay oder "Soap? Was für ein bescheuerter Name!"

Jaja, das Leben als SAS-Mitglied oder US-Marine ist nicht leicht. Aber wenigstens verbindet den britischen Sgt. "Soap" McTavish und den Amerikaner Sgt. Paul Jackson eine gemeinsame Bedrohung: Ein Bösewicht spielt das ganz große Spiel und hetzt unsere Protagonisten rund um den Erdball. Ob der Auftrag eher Low-Level à la Geiselbefreiung oder doch mehr ganz großes Kino im Stil einer Atombombenentschärfung ist, für Action ist auf jeden Fall gesorgt. Ihr übernehmt im Singleplayerpart von "COD4" abwechselnd die Rollen von Soap und Paul, jeweils als Teil eines kleinen Grüppchens von Soldaten. "COD4" setzt dabei im Grunde auf altbewährte Shooter-Mechanismen: Ihr werdet jeweils nach einem kurzen Briefing gleich mitten auf den Schauplatz gebeamt. Je nach Szenario fliegen euch dann sogleich die Kugeln um die Ohren oder es heißt Schalldämpfer aufschrauben und leise durch die Pampa schleichen.

Die Missionen sind dabei durch eine für Shooter-Verhältnisse sehr spannende Story miteinander verwoben, von der wir an dieser Stelle nicht zu viel verraten wollen, wartet sie doch mit dem einen oder anderen Aha-Erlebnis auf. Infinity Ward versteht sich aber nicht nur auf gute Storys, sondern auch auf eine grandiose Erzähltechnik. "COD4" ist bisher mit Abstand der emotionalste Shooter, der mir auf den Bildschirm gekommen ist, auch im Vergleich zu seinen direkten Vorgängern der "COD"-Reihe. Die handelnden Personen wachsen euch mit jeder Mission mehr ans Herz, vor allem wegen ihrer Eigenarten, die immer wieder aufblitzen und ihrer markigen Sprüche. Wenn ihr dann noch im Kugelhagel von eurem Freund hinter eine Häuserecke gezerrt werdet, die Angst in seinen computersimulierten Augen seht und die Mörsereinschläge näher rücken, dann wisst ihr, ihr spielt "COD4". Großes Kino!

Aber auch "auf dem Platz" macht "COD4" alles richtig. Die Waffen sind ebenso gut ausbalanciert wie die Missionen; ein sehr gut gemachtes Tutorial weist euch in das Spiel ein und die Speicherpunkte sind absolut fair verteilt. Dass die Physik-Engine ihr Übriges tut - zu durchschießende Wände, zerstörbare Gegenstände, realistische Explosionen - trägt weiterhin zur Stimmung bei. In den Gefechten setzt "COD4", wie beschrieben, auf Effekte auf Kino-Niveau. Daher verwundert es nicht, dass an mancher Stelle eine Gegnerschwemme auftritt, als ob auf der anderen Seite Scott ein unendliches Feindarsenal in seinem Transporter hätte. Außerdem muss man es mögen, dass in bestimmten Sequenzen das Spiel die Fäden in der Hand behält und wir einige Entwicklungen daher - meist verwundet oder benebelt - nur aus der Beobachterperspektive ohne Eingreifmöglichkeit wahrnehmen dürfen.

Die vielen emotionalen Momente, verpackt in schlichtweg perfektes Shooter-Gameplay, entschädigen für diese kleinen Momente der Hilfslosigkeit aber absolut. Insbesondere, da diese Art der Inszenierung einfach zur "Call of Duty"-Reihe gehört und tief in den Bann zu ziehen weiß.

"COD4" gelingt es aber nicht nur, euch spielerisch zu fesseln. Ungewöhnlich für einen Shooter ist es, dass zum Teil sogar moralische Fragen aufgeworfen werden. Während ich schlafende Feinde in ihren Betten umschleiche, befördert sie mein Computerkollege mit schallgedämpften Waffen über den Jordan. Eigentlich hat er Recht, warum sollte ich mögliche Feinde in meinem Rücken wach werden lassen? In einer der nächsten Missionen sitze ich an den Geschützen eines Flugzeugs und kann Tod und Verderben auf meine Gegner regnen lassen. Dabei entfernt mich das Spiel vom Leid. Kühl inszeniert und von den Jubelschreien meiner Cockpit-Kollegen unterbrochen sehe ich durch meine Infrarot-Kameras, wie ein weißer Punkt gerade gegen eine Häuserwand fliegt. Dank meines Geschützes. Ein (virtueller) Mensch ist gestorben. Und während ich ihm in den normalen Missionen von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden habe, habe ich ihn in diesem einmaligen Auftrag eigentlich nie gesehen. Nur sein Infrarotabbild wurde durch die Luft geschleudert. Dann kommt eine ganze Horde von hellen Punkten aus einer Kirche. Sie werden gleich meinen Konvoi angreifen, den ich aus der Luft beschützen soll. Ich schieße. Und auch diese Gegner sterben. Oder waren es nur kleine weiße Punkte, die dort gerade verblassen? "COD4" wirft - quasi nebenbei - Fragen auf, wie bisher kein anderer Shooter. Und packt mich im nächsten Moment wieder auf den Kinosessel, gibt mir die Kontrolle über einen actiongestählten Soldaten und wirft mich in die nächste Schlacht. Wie gesagt: Großes Kino, dieses "COD4".

Multiplayer oder "Vielfältig gut."

Leider erblicken geübte Shooter-Spieler das Ende des Einzelspielerparts bereits nach gut sechs Stunden. Rechnet man den Kaufpreis auf Stundenniveau um, erhält man als Resultat fast Kinoeintrittspreisniveau. Aber das ist voll und ganz gerechtfertigt. Und wir sind ja noch nicht am Ende, denn schließlich besteht "COD4" nicht nur aus seiner Story, sondern auch aus dem Multiplayerpart. Auch darin inszeniert Infinity Ward Altbekanntes, aber wieder auf Spitzenniveau. Sechzehn Karten, sechs Modi, selbst editierbare Klassen und umfängliche Ausrüstungsmöglichkeiten - was will der Shooter-Liebhaber mehr? Balanciertes Gameplay! Und während es in dieser Hinsicht bei der Konkurrenz oft krankt und wir es mit "Über"-Waffen oder unfairen Startplatzverteilungen zu tun bekommen, merkt man "COD4" die Liebe zum Detail auch im Multiplayerpart an. Es gibt schlicht keine übermächtigen Waffen, keine von vornherein entschiedenen Karten; alles wurde ausgiebig getestet, verbessert und wieder getestet. Dass der Netzwerk-Code stabil ist, also ohne Ruckler oder gar Abstürze auskommt, versteht sich bei der Perfektion eines "COD4" von selbst.

"COD4" setzt im Multiplayer auf den Jäger-und-Sammlertrieb in uns, der schon Spiele wie "Diablo" zum Dauerbrenner gemacht hat. Mit jedem Abschuss, jeder Onlinepartie und dem Erfüllen bestimmter Spielereien à la "Erledige fünf Gegner mit Granaten" sammelt euer Online-Alter-Ego Erfahrungspunkte, die zum Rangaufstieg führen. Wie aus anderen Spielen wie "Battlefield 2" bekannt, könnt ihr euch ab bestimmten Rangstufen mit neuen Ausrüstungsgegenständen belohnen. Dafür gibt euch das Spiel fünf eigene, leere Klassenslots. Wenn ihr also gern mit einem Soldaten mit Sturmgewehr, drei Blendgranaten und den Spezialfertigkeiten Spezialpower und Ruhige Hand durch die Gegend wetzen wollt, bitte. Genauso gut ist es aber auch möglich, einen MP-Jogger mit hoher Ausdauer, schallgedämpften Waffen und der Spezialfertigkeit zu basteln, dass er im Sterben auf dem Boden liegend noch einen letzten Schuss mit seiner Pistole abgeben darf. Rache ist Blutwurst! Da Infinity Ward aber auch dabei Liebe zur Balance zelebriert, geht es meist nur um Stil. Kein Spieler ist wegen seiner Freischaltwaffen oder Spezialfertigkeiten übermächtig. Der Feierabendspieler hat daher gegen den Dauerzocker durchaus eine Chance. Und auch die kurz nach Verkaufsstart aufgetretenen Anmeldeprobleme (zum Teil Wartezeiten von mehreren Minuten für einen freien Serverplatz) sind mittlerweile behoben; dem Spielspaß steht also nichts mehr im Wege. Und da bei den sechs Spielmodi - vom einfachen "Team-Deathmatch" über altbekannte Szenarien wie "Suchen und Zerstören" und "Sabotage" bis hin zur "Battlefield"-ähnlichen "Herrschaft" - für jeden etwas dabei ist, fesselt "COD4" auch nach dem Singleplayerpart noch für Ewigkeiten an den Monitor.

Grafik oder "Mission accomplished!"

"COD4" setzt technisch auf eine überarbeitete Grafikengine vom zweiten "Call of Duty". Altbacken? Mitnichten! Was die Jungs von Infinity Ward hier auf den Bildschirm zaubern, katapultiert "COD4" grafisch ins obere Shooter-Drittel. Es kann zwar nicht mit solchen Grafikperlen wie "Crysis" mithalten, läuft dafür aber auch auf älteren Rechnern flüssig und weiß stets zu gefallen. Auch wenn der Rauch etwas voluminöser hätte ausfallen können, sind beispielsweise die Explosionen einfach nur toll gestaltet. Und die Liebe zum Detail beim Missionsdesign zeigt sich auch hier: Jeder Raum, jede Pampa hat ihre Eigenheiten. Ein paar achtlos weggeworfene Getränkedosen hier, ein verkrüppelter Baum dort, kein Level, kein Raum gleicht dem anderen. Wer hatte trotz der tollen Inszenierung in "F.E.A.R." nicht das ewig gleiche Aussehen der Räume nach kurzer Zeit satt? Derartiges Layouteinerlei sieht man in "COD4" zu keinem Zeitpunkt ein. Wenn man dann noch die schlichtweg geniale Animation der Gesichter und Körperbewegungen hinzuzählt, ist "COD4" auch grafisch ganz großes Kino.

Sound oder "Unauffällig gut."

Es passt schlicht und ergreifend, was "COD4" uns soundmäßig kredenzt. Ohne sich in den Vordergrund zu spielen, unterstützt die Musik die jeweilige Atmosphäre. Leiser, spannungsgeladener Sound in Schleichmissionen und harte Actionriffs, wenn die Welt um euch herum in Explosionen untergeht. Es stimmt einfach. Einziger kleiner Wermutstropfen: Die Waffensounds fallen im Vergleich dazu ab und klingen selbst auf guter Hardware blechern und untereinander zu wenig unterscheidbar. Aber das ist Mäkeln auf hohem Niveau.

"Call of Duty 4 - Modern Warfare" macht schlicht alles richtig. Ein grandios inszenierter Singleplayermodus, der den Spieler mitnimmt auf eine rasante Actionfahrt, unterbrochen von adrenalingetränkten Schleicheinlagen, eingebunden in eine wirklich gute Story. Ein Mehrspielerpart, der ständig das "Ein Spielchen mach ich noch"-Syndrom hervorruft und mit Abwechslungsreichtum und der Möglichkeit der Individualisierung der Spielklassen überzeugt. Das Ganze verbunden mit tollem Sound, einer Grafik der gehobenen Güteklasse, keinen bemerkbaren Bugs, einem stabilen Multiplayercode und einer großen Serverauswahl macht "COD4" schlicht zur absoluten Kaufempfehlung. Wer als Shooter-Fan hier nicht zugreift, hat diese Bezeichnung nicht verdient.

(20.11.2007)

 


Fazit

"Call of Duty 4 - Modern Warfare" macht schlicht alles richtig. Ein grandios inszenierter Singleplayermodus, der den Spieler mitnimmt auf eine rasante Actionfahrt, unterbrochen von adrenalingetränkten Schleicheinlagen, eingebunden in eine wirklich gute Story. Ein Mehrspielerpart, der ständig das "Ein Spielchen mach ich noch"-Syndrom hervorruft und mit Abwechslungsreichtum und der Möglichkeit der Individualisierung der Spielklassen überzeugt. Das Ganze verbunden mit tollem Sound, einer Grafik der gehobenen Güteklasse, keinen bemerkbaren Bugs, einem stabilen Multiplayercode und einer großen Serverauswahl macht "COD4" schlicht zur absoluten Kaufempfehlung. Wer als Shooter-Fan hier nicht zugreift, hat diese Bezeichnung nicht verdient.


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