Sunrise - The Game – Coole Typen, Harte Sprüche

Sunrise - The Game – Coole Typen, Harte Sprüche

(TML-Studios)

geschrieben von Bastian Schössow

 

 
Entwickler: TML-Studios
Publisher: AeroSoft
Genre: Point&Click-Adventure
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Sunrise
Preis: 39,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

Seit "Monkey Island" oder "Zak McCracken" fasziniert das Point & Click-Adventure-Genre die Spielewelt jedes Mal aufs Neue und wirkt doch irgendwie immer wieder vertraut. Mögen sich die Story oder Charaktere und die Technik auch geändert haben, das Grundkonzept bleibt aber unverwechselbar und das macht ein Point & Click-Adventure einfach so interessant. Nun versucht der deutsche Entwickler TML-Studios, einen neuen Weg in der Geschichte des Genres einzuschlagen - ein Spiel ohne Inventar - und öffnet dabei das Tor für neue Möglichkeiten. Ob das Adventure der deutschen Spieleschmiede das Zeug zum Bestseller hat und ob es das Genre reformieren kann, lest ihr am besten in diesem Review. Also, worauf wartet ihr? Packt eure Sachen, es geht nach New York.

"Beam me up, Scotty!"

Kurz zur Story: Die drei Hauptfiguren des Spiels Rydec, Brian und Maxx sind "Grenz-Wissenschaftler", die sich mit der Technologie des Beamens beschäftigen und einen sehr gewagten Versuch starten wollen, nämlich das Beamen eines Gegenstandes. Alles beginnt an einem schönen Morgen in einer alten Lagerhalle mitten in New York Manhattan. Leider geht bei dem Experiment, wie sollte es auch anders sein, einfach alles schief und es kommt zu einer großen Detonation im Labor. Als die drei Herren wenige Stunden später wieder das Bewusstsein erlangen und sehen, was passiert ist, trauen sie ihren Augen nicht: Nichts ist mehr so, wie es mal war. Denn ganz New York scheint wie ausgestorben zu sein. Ganz New York? Nein! Eine bewusstlose Frau liegt auf den Straßen vor dem Labor - was hat das zu bedeuten? Unsere Mission ist es nun, sowohl die offensichtlichen als auch die versteckten Probleme zu lösen..

Wer ist eigentlich Rydec?

In zahlreichen, zum Teil ewig langen, Dialogen und vielen schön gestalteten Cutscenes wird euch die spannende Story hervorragend näher gebracht. Richtig gut sind besonders die Versuche, die fünfte Dimension physikalisch und auf einfachste Weise zu erläutern, dagegen sind die sozialen Beziehungen unter den drei Männern sehr einfach dargestellt und arg übertrieben. Ein großes Problem von "Sunrise" ist ohnehin die Heldenauswahl, denn mit Rydec steuert ihr nämlich ausgerechnet den unsympathischsten Charakter durch das Spiel. Nervig sind hier vor allem die auf cool getrimmten Sprüche von Rydec, die leider alles andere als cool wirken. Einen ganz normalen Satz bekommt er nicht raus, jedes Wort muss er auf irgendeine Art und Weise in seinem Sprachschatz umdichten. Aus einem Helikopter wird dann ein "Luftmoped für Bonzentouristen". Das mag kurzzeitig ganz witzig sein, zerstört im weiteren Spielverlauf die komplette Atmosphäre von "Sunrise" und lässt es einfach nur billig dastehen.

Point & Click-Adventure mal anders

Die ultimative Innovation des Spiels ist das komplette Fehlen des Inventars, was aber eher ein Fluch für den Spieler ist, als der Segen, der er sein sollte. Ihr sammelt also nicht einfach alle interessanten Gegenstände eurer Umgebung auf, um sie vielleicht später einmal benutzen zu können - nein, stattdessen kann der Held immer nur ein Objekt mit sich herumschleppen. Das mag sehr viel realistischer sein als ein Held, der scheinbar unendlich große Hosentaschen hat und alles darin verschwinden lassen kann, doch der Drang zum Weiterspielen profitiert davon überhaupt nicht. Im Gegenteil, denn letztlich führt das fehlende Inventar zu endlos langem Hin- und Herlaufen. Ein gutes Beispiel ist ein kleines Rätsel: Beim Reparieren eines Autos an einer Tankstelle müsst ihr gleich mehrmals den Weg vom Schrottplatz zur Werkstatt zurücklegen, da ihr immer nur ein Objekt tragen könnt.

Gameplay à la "Metal Gear Solid"

Die Aufgaben sind sehr unterschiedlich. Vom kultigen Zusammenbau und der Reparatur von Gegenständen bis hin zu deren Beschaffung ist alles dabei.. Sehr viele der Rätsel sind auf den ersten Blick nicht optimal auf das Gameplay des Spieles abgestimmt. Wirklich schwer sind die Rätsel ohnehin nicht, da ihr ohne Inventar ja auch keine Sachen kombinieren könnt. Anders gesagt ist "Sunrise" daher mehr ein Marathonlauf als ein Adventure. Die Lauferei geht auch deshalb auf die Nerven, weil Rydec sehr, sehr langsam durch die Bildschirme schleicht und die Ausgänge zu weiteren Schauplätzen nur schlecht ersichtlich sind. Dafür dürft ihr später sehr weite Strecken mit eurem Auto zurücklegen.

Doch bis dahin ist es ein sehr langer Weg und viele ungeduldige Spielernaturen werden hier bereits aufgegeben haben - die hohe Anzahl ständig wiederkehrender Laufwege ist eine echte Spaßbremse. Oft besteht die größte Schwierigkeit aber schon darin, einen Gegenstand auf dem Bildschirm zu finden. Zwar gibt es per Spacetaste eine Lupenanzeige, doch diese ist ziemlich ungenau und dummerweise dürft ihr bei aktivierter Anzeige keine Gegenstände anklicken – das ist aber leider nicht der einzige Steuerungsmangel von "Sunrise".

Die Spielzeit von Sunrise fällt mit über 15 Stunden eigentlich recht ordentlich aus, wobei ihr aber die viele Lauferei im Hinterkopf behalten solltet, die eine Menge Zeit kostet; die reine Nettospielzeit ohne Hin und Her dürfte allenfalls die Hälfte betragen, wenn überhaupt. Bei eurem Streifzug durch Manhattan erkundet ihr eine Vielzahl von aufregenden Orten, die sehr authentisch und detailreich wirken.

Tech-Check

Die Grafik von "Sunrise" setzt keine neuen Maßstäbe, aber das muss es für ein Point & Click-Adventure auch nicht; das einzige Highlight des Spiels ist die bunte Straßenreklame und der sehr gelungene Regeneffekt. Ansonsten ist die Grafik okay, bei der Darstellung der Charaktere aber leider sehr unscharf und nicht besonders detailreich. Hinzu kommt noch, dass in manchen Szenen die Gesichter unnatürlich wirken.

Störend sind auch die Ladepausen beim Betreten eines neuen Bildschirms. Es fehlt auch die Möglichkeit, Sound, Sprache und Hintergrundgeräusche separat einzustellen; die komplette Soundkulisse tönt aus den Boxen und wird dadurch teilweise unerträglich. Immerhin gibt es ein besonderes Gimmick: die Audiofunktion des CD-Players im Van. Hier kann selbst die Lieblingsmusik während des Spiels aus dem MP3-Ordner auf der Festplatte gewählt werden. Die Sprachausgabe wurde mit den Synchronstimmen von Kate Winslet, Wesley Snipes und John Cusack in sehr gute Hände gegeben und lässt das Spiel dadurch sehr actiongeladen und vertraut wirken. Doch was helfen die besten Sprecher, wenn das, was sie sagen, auf Dauer kaum zu ertragen ist?

"Sunrise" ist kein typisches Point & Click-Adventure; durch das fehlende Inventar wird das Spiel viel mehr zu einem Jump ’n’ Run und dadurch wird einem extrem viel Laufarbeit von einem Bildschirm in den anderen bereitet. Wer aber dennoch durchhält, bekommt später ein Fahrzeug spendiert und muss die einzelnen Szenen des Adventures nicht immer wieder aufs Neue ablaufen. Die Story bleibt das ganze Spiel über sehr spannend und lässt einen nicht mehr los. Auch die Spielzeit ist, wie schon erwähnt, mit circa 15 Stunden sehr gut bemessen. Der große Kritikpunkt an "Sunrise" ist der Held selbst. Mit seinen obercoolen Sprüchen kommt Rydec schrecklich unsympathisch herüber und vermiest einem das Weiterspielen total. Ansonsten ist "Sunrise" ein hervorragendes Point & Click-Adventure und Genre-Fans werden es sowieso lieben. Aber auch für Anfänger des allgemeinen Adventure-Genres ist es ein sehr schönes Spiel und hebt sich durch die andere Spielweise stark von den bisherigen Genrevertretern ab.

(28.02.2008)

Minimale

- Pentium 4 mit 1,2 GHz (oder vergleichbarer AMD-Prozessor)

- 512 MB RAM

- Windows XP mit SP2 oder Windows Vista

- 64 MB DirectX 9.0-kompatible Grafikkarte

- DirectX 9.0-kompatible Soundkarte

- 4x DVD-ROM-Laufwerk

- Mindestens 8 GB freier Festplattenplatz

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