Kingdom Hearts 2

Kingdom Hearts 2 (PS2)

(Buena Vista Games)

geschrieben von René Hintz

 

 
Entwickler: Square Enix
Publisher: Buena Vista Games
Genre: Nippon-RPG
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Kingdom Hearts 2
Preis: ca. 55 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 6 Jahren gemäß §14 JuSchG

"Final Disney" oder "Walt Fantasy"

2002 wagten Square Enix (damals noch bekannt als Squaresoft) und Disney Interactive mit "Kingdom Hearts" ein Experiment in Form einer Spielefusion mit dem Ziel, ein einsteigerfreundliches Nippon-RPG für ein möglichst breites Publikum zu erschaffen. Das Ganze sollte sich in einem neuartigen Mischuniversum aus Walt Disney und Final Fantasy abspielen, das neu geschaffene Charaktere dem Publikum nahe bringen und gleichzeitig beliebte und allseits bekannte Legenden wie Mickey, Donald, Goofy, Cloud, Squall oder Aerith in einem Spiel vereinen sollte. Fans beider Fraktionen hegten zunächst starke Zweifel, ob dies ein vernünftiges Spielekonzept sei. Doch die Zweifel stellten sich als ungerechtfertigt heraus und es entstand sogar eine große gemeinsame Fangemeinde, denn das Ergebnis war ein hochklassiges und motivierendes Spiel, das überzeugend die Helden aus beiden Universen vereinen konnte. Ein Nachfolger war nicht nur storytechnisch vorhersehbar, sondern auch der finanzielle Erfolg (millionenfachem Verkauf sei Dank) bewegte die Macher zu einer Fortsetzung. 2004 durften sich Game-Boy-Advance-Besitzer zunächst an "Kingdom Hearts: Chain of Memories" erfreuen, das allerdings mit einem gänzlich anderen Spielprinzip aufwartete und im Grunde auch kein direkter Nachfolger sein sollte, sondern vielmehr ein Aufguss von "Kingdom Hearts" als auch eine Vorschau und ein Appetithäppchen auf "Kingdom Hearts 2". Jetzt allerdings ist es auch für die Zocker in Europa soweit, und die Geschichte von Sora darf weitergehen.

Das Trio im Kampf gegen die Herzlosen ist zurück!

Vor einem Jahr noch genoss Sora mit seinen beiden besten Freunden Kairi und Riku ein unbeschwertes Leben auf Destiny Island, bis plötzlich die Herzlosen auftauchten. Diese Schattenwesen nahmen seine Heimatwelt in Besitz und hätten beinahe auch sein Herz in ewige Dunkelheit getaucht, wenn ihm nicht im letzten, entscheidenden Moment das Schlüsselschwert erschienen wäre. Mit dieser magischen Waffe und seinen neuen Weggefährten Donald Duck und Goofy machte er sich nun auf, allerlei verschiedene Welten mit einem Gummischiff zu bereisen und dort durch Vernichtung der Herzlosen für Harmonie im Universum zu sorgen und seine Freunde wiederzufinden. Ein endgültig zufriedenstellendes Happy End nahm die Geschichte allerdings nicht, denn trotz der Vernichtung des Oberbösewichts Ansem wurde Sora wieder von seinen Freunden getrennt und viele Fragen blieben unbeantwortet. Nun ist Sora aus seinem Tiefschlaf erwacht und man begibt sich erneut auf die Suche nach seinen Freunden, um jedoch im selben Atemzug auf neue Probleme zu stoßen. Der Frieden auf den Welten ist erneut gebrochen, denn abermals tauchen überall die Anhänger der Herzlosen auf und zu allem Übel lauert eine neue Gefahr in Form der Organisation XIII und ihrer riesigen Schar von Niemanden auf das Trio.

Wider Erwarten beginnt man das Abenteuer allerdings nicht mit dem eigentlichen Helden Sora, sondern mit dem Jungen Roxas in dem verträumten Städtchen Traverse Town. Eine Ähnlichkeit der beiden ist dabei nicht rein zufälliger Natur, sondern hat eine tiefgreifende storytechnische Bewandtnis, die es im Laufe des Abenteuers herauszufinden gilt. Die Story gestaltet sich insgesamt als sehr komplex, wobei Neueinsteiger keine Angst haben müssen, etwas nicht vollständig verstehen zu können. Diejenigen, die die beiden Vorgänger gespielt haben, haben einen besseren Überblick über die Geschehnisse, aber alle wichtigen bisherigen Ereignisse werden am Anfang nochmals in Form von Flashbacks ausreichend wiedergegeben.

Massenschlachten fest im Griff

Nach der ausgiebigen Vorgeschichte mit Roxas, die gleichzeitig als gutes und selbsterklärendes Tutorial dient, geht es mit den drei eigentlichen Helden ans Eingemachte. Die Steuerung ist dabei wirklich kinderleicht und im Vergleich zum Vorgänger ist auch die Kamera dieses Mal viel flexibler und dadurch benutzerfreundlicher. Auch die Handhabung der Helden mitsamt Items und Ausrüstung ist übersichtlich ausgefallen; mit Leichtigkeit lassen sich Gegenstände untereinander austauschen und sowohl Quickcombos als auch KI-Verhalten von Donald und Goofy festlegen, ärgerlicherweise aber nicht während der Kämpfe selbst. Mit dem Aufstieg und der Verteilung der Heldenattribute wird man als RPG-Laie keineswegs überfordert; Veteranen hingegen werden merklich unterfordert, denn beides geschieht bei jedem Level-Up automatisch und lediglich die ungefähre verstärkte Auslegung (Angriff, Verteidigung oder Magie) muss am Anfang vom Spieler selbst festgelegt werden. Der Komfort beim Verwalten der Protagonisten ist zweifelsohne immens wichtig, denn es warten viele Kämpfe auf den Spieler und die Gegnermassen bilden förmliche Armeen, über die es stets den Überblick zu behalten gilt.

Neben dem eigentlichen Kampf mit Sora, der munter mit diversen Schlüsselschwerthieben und Spezialattacken im Alleingang scharenweise Gegner ausradiert, kann man neben Donald und Goofy auch auf die Hilfe weiterer Mitstreiter aus den jeweiligen Spielewelten zurückgreifen, mit denen man teambasierte und spektakulär wirkende Limit-Moves vollführen kann, bei denen sich der Held für ein paar Sekunden mit dem jeweiligen Kumpanen zusammenschließt und Fähigkeiten kombiniert. Zudem gibt es erneut nützliche Zaubersprüche und Unterstützung in Form von Beschwörungen, wie beispielsweise das Herbeirufen lustiger Gestalten wie Chicken Little, Dschinni, Stitch oder Peter Pan. Ganz neu ist diesmal zum einen die Benutzung des Drive-Modus, in dem man sich durch verschiedene Kostüme verwandeln und vorübergehend mit zwei Schlüsselschwertern gleichzeitig in einem Affentempo mit gesteigerten Attributen durch die Massen kämpfen kann, und zum anderen die Möglichkeit, mithilfe der Dreieckstaste situationsbedingte Spezialattacken auszuführen, die oftmals den Schlüssel zum Sieg darstellen und noch dazu eindrucksvoll aussehen. Unbedingt notwendig sind all diese Hilfsmittel im Grunde aber nicht; im Gegenteil - sie lassen die Kampfmenüs zuweilen sehr unübersichtlich wirken und überhaupt ist die Schwierigkeit der Kämpfe bis auf wenige Ausnahmen bei Bossgegnern, unglaublich gering. Oftmals reicht es einfach, wild auf die Tasten zu hämmern.

Volle Kraft voraus zu kompakten Welten!

Wie schon in den Vorgängern erfolgt die Reise durch die verschiedenen Welten mithilfe des Gummischiffs. Bei diesem Weltraumshooter-Spielchen wurde erfreulicherweise die Optik um einiges attraktiver gestaltet und generell sind die Fahrten durchs All nun wesentlich unterhaltsamer und dank der Ranking-Missionen, in denen es besondere Bauteile für neue Schiffskonstruktionen zu gewinnen gilt, sogar richtig motivierend. Insgesamt bietet das Spiel etwa 15 farbenfrohe und abwechslungsreiche Welten, die es zu erkunden gilt, wie beispielsweise Port Royal aus "Fluch der Karibik", die Stadt Agrabah aus "Aladdin" oder gar eine Zeitreise in das 30er-Jahre-Szenario "Steamboat Willie" von Mickey Maus. Anders als in "Kingdom Hearts" sind diese Welten nun deutlich kleiner ausgefallen; manche beschränken sich gar nur auf kleine Minispielchen und lassen sich dadurch auch viel schneller abhaken. Spieler, die es gerne linear mögen, wird das freuen, allerdings wird so dem Spiel eine Menge an Tiefe genommen und erkundungsfreudige Zeitgenossen werden nun erheblich weniger Zeit damit verbringen, nach versteckten Truhen mit nützlichen Items oder Gimmicks zu suchen. So lässt sich "Kingdom Hearts 2" auf dem normalen Schwierigkeitsgrad gut und gerne in 30 Stunden durchspielen. Wem dieser Umfang zu dürftig ist, der darf sich neben den zahlreichen optionalen Minispielchen auch an dem hohen Schwierigkeitsgrad versuchen. Dort sind die Kämpfe aufgrund von erhöhtem selbst erlittenen und geringerem ausgeteiltem Schaden wirklich knackig und man tut gut daran, seine Helden kontinuierlich und streng in ihren Charakterlevels aufzubauen oder noch besser den Maximallevel zu erreichen. Wer alles entdecken möchte, der sollte während seines Abenteuers bis zum finalen Showdown versuchen, sämtliche storyrelevanten Tagebucheinträge zu sammeln, denn wem das gelingt, der wird wie schon in "Kingdom Hearts" auf ein zusätzliches Ende stoßen, das definitiv auf ein "Kingdom Hearts 3" hoffen lässt.

Kultfiguren in neuem Glanz

Square Enix ist allerspätestens seit "Final Fantasy: Advent Children" für seine kinoreifen CGI-Sequenzen bekannt und wartet auch im Spiel mit atemberaubenden, minutenlangen Filmchen auf. Schade ist allerdings die Tatsache, dass es insgesamt nur zwei davon gibt, nämlich je eines für den Anfang und das Ende. Nichtsdestotrotz ist das zu verschmerzen, denn das, was geboten wird, lässt dem Spieler regelrecht die Kinnlade herunterklappen. Auch innerhalb des Spiels kann "Kingdom Hearts 2" optisch absolut überzeugen und bietet im Grunde so gut wie alles, was man sich als PS2-Spieler wünschen kann. Die Welten sind trotz ihrer Linearität und ihres geringen Umfangs so liebevoll gestaltet, dass man sie immer wieder anschauen möchte. Es gibt eindrucksvolle Effekte am laufenden Band und die Personen besitzen in den meisten (aber nicht allen) Zwischensequenzen eine glaubhafte Mimik und Gestik. Die Präsentation der Figuren ist erstklassig, da es einfach ein Augenschmaus ist, zum Beispiel die Kleidung und Frisuren der Charaktere in ihren butterweichen Animationen rumflattern zu sehen. Ebenfalls sehr erfreulich ist im Übrigen auch die Tatsache, dass bei der europäischen Konvertierung auf den sonst insbesondere bei Square-Games üblichen PAL-Balken verzichtet wurde.

Stimmen aus Hollywood und Soundtrack auf Sparflamme

Auch für das neue "Kingdom Hearts" liefert Yoko Shimomura einen grandiosen Score ab, der sich wirklich hören lassen kann. Neben unzähligen wohlklingenden Neukompositionen und geläufigen Melodien aus dem Vorgänger wurden abermals viele altbekannte Disneyfilm-Musiktitel extra für das Spiel neu aufgenommen. Man muss allerdings ernüchtert feststellen, dass die Musik - von wenigen Ausnahmen (beispielsweise in der Begleitung zu den Credtis) abgesehen - mit elektronischen Instrumenten und nicht mit aufwendigen Orchestern erzeugt wurde. Ebenfalls hat man bei den meisten Zwischensequenzen auf musikalische Untermalung verzichtet, sodass sie trotz ihrer optisch wunderbaren Präsentation sehr leer und tot wirken. Ein Umstand, der bei solch einer hoch budgetierten Produktion eigentlich hätte vermieden werden können, denn dadurch verliert der gesamte Soundtrack einen großen Teil seines hochklassigen und epischen Potenzials.

Die Lokalisation ist, wie auch schon die des ersten Teils, vorbildlich, denn für das Spiel wurde ohne Übertreibung die Crème de la Crème der deutschen Synchronsprecherbranche aufgefahren. Was dabei herausgekommen ist, erweist sich als hollywoodreif, denn für die Disney-Charaktere wurden weitgehend alle Stimmen aus den Filmen übernommen und sowohl für die neuen Akteure als auch die Final Fantasy-Rollen hat man nicht an hochkarätigen Sprechern aus ganz Deutschland gespart. Hier und da gibt es allerdings gerade bei den Square Enix-Charakteren kleinere Schnitzer, denn nicht alle Besetzungen sind hundertprozentig zufriedenstellend und ebenfalls ernüchternd ist es, dass beispielsweise Captain Jack Sparrow aus "Fluch der Karibik" im Gegensatz zu seinen Piratenkollegen nicht von seiner Filmstimme Marcus Off gesprochen wird, sondern vom üblichen Johnny Depp-Sprecher David Nathan. Dieser Fauxpas wäre zu verzeihen, wenn selbiger markante Sprecher nicht auch noch Auron aus "Final Fantasy X" seine Stimme leihen würde. Ansonsten darf man aber die deutsche Version einfach nur loben, denn der Publisher hat bei der Umsetzung alle Register gezogen und bewiesen, dass es möglich ist, Videospiele professionell an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.

 

  

Fazit

Lange haben (insbesondere europäische) "Kingdom Hearts"-Fans auf den neuen Nachfolger warten müssen, doch die Wartezeit hat sich gelohnt. Die Geschichte von Sora wird spannend fortgesetzt und findet nach (guten, aber recht knappen) 30 Stunden ein vorerst befriedigendes Ende. Während des Abenteuers freut man sich immer wieder auf die zahlreichen Begegnungen mit alten Freunden und Feinden; insbesondere die Konfrontation mit dem One Winged Angel Sephiroth ist ein absolutes Highlight und für jeden "Final Fantasy VII"-Jünger ein Muss. Liebhaber der alten Disneyfilme werden sich auf ein Wiedersehen mit den altbekannten Legenden freuen und während des Spielens nostalgisch auf die gute alte Zeit zurückblicken können. Richtige Rollenspielexperten jedoch sollten sich im Voraus überlegen, ob sie sich auf das Spiel einlassen wollen, denn die Präsentation ist zweifelsohne (wenn auch nicht so stark wie beim Vorgänger) recht kitschig. Der Spielverlauf ist zuweilen im Vergleich zu anderen Vertretern des Genres sehr oberflächlich und zu simpel; die Kämpfe verlangen auf dem normalen Schwierigkeitsgrad keine ausgefeilte Taktik, sondern es reicht zum Teil die stupide Buttonsmashing-Vorgehensweise. Doch jeder, der dem Spiele-Epos Final Fantasy oder dem wunderbaren Walt-Disney-Charme auch nur irgendetwas abgewinnen kann und keine allzu großen Ansprüche an Rollenspiel-Komplexität stellt, sollte bedenkenlos zugreifen.

(13.11.2006)


Fazit

   Lange haben (insbesondere europäische) "Kingdom Hearts"-Fans auf den neuen Nachfolger warten müssen, doch die Wartezeit hat sich gelohnt. Die Geschichte von Sora wird spannend fortgesetzt und findet nach (guten, aber recht knappen) 30 Stunden ein vorerst befriedigendes Ende. Während des Abenteuers freut man sich immer wieder auf die zahlreichen Begegnungen mit alten Freunden und Feinden; insbesondere die Konfrontation mit dem One Winged Angel Sephiroth ist ein absolutes Highlight und für jeden "Final Fantasy VII"-Jünger ein Muss. Liebhaber der alten Disneyfilme werden sich auf ein Wiedersehen mit den altbekannten Legenden freuen und während des Spielens nostalgisch auf die gute alte Zeit zurückblicken können. Richtige Rollenspielexperten jedoch sollten sich im Voraus überlegen, ob sie sich auf das Spiel einlassen wollen, denn die Präsentation ist zweifelsohne (wenn auch nicht so stark wie beim Vorgänger) recht kitschig. Der Spielverlauf ist zuweilen im Vergleich zu anderen Vertretern des Genres sehr oberflächlich und zu simpel; die Kämpfe verlangen auf dem normalen Schwierigkeitsgrad keine ausgefeilte Taktik, sondern es reicht zum Teil die stupide Buttonsmashing-Vorgehensweise. Doch jeder, der dem Spiele-Epos Final Fantasy oder dem wunderbaren Walt-Disney-Charme auch nur irgendetwas abgewinnen kann und keine allzu großen Ansprüche an Rollenspiel-Komplexität stellt, sollte bedenkenlos zugreifen. (13.11.2006)


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