American Conquest - Divided Nation (CDV) geschrieben von Hans Thiel
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Gigantische Schlachten mit über 16000 Einheiten, 18 Völker, 50 Karten, mehr als 130 verschiedene Einheiten und Gebäude - die Featureliste ist reichhaltig und klingt nach solider Kost aus der Gulaschkanone der Echtzeitgenres. American Conquest - Divided Nation ist der dritte Teil der American Conquest - Reihe, diesmal in der Form eines Standalone-Addons. Was in diesem Fall bedeutet, dass sich auf der technischen Seite gegenüber dem Original und dem ersten Addon nicht viel getan hat. Auch spielerisch setzt der Titel auf bewährte Kost. Darf es etwas mehr sein? Das Spiel bietet sowohl einen Kampagnen- als auch Einzelschlachten-Modus sowie die Wahl einer Schlacht auf einem zufällig generierten Terrain. Spielerisch unterscheiden sich die drei Modi vor allem in der Ausprägung des Aufbauteils, der in den Kampagnen und den Einzelschlachten vernachlässigbar ist und sich im Großen und Ganzen auf das Errichten lebensnotwendiger Strukturen wie Feldlazarett oder Feldküche beschränkt. Ansonsten stehen meist schon zu Beginn mehr oder minder große Armeen fertig gruppiert zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Management der Truppenteile. Es genügt keineswegs, einen schlichten Angriffsbefehl abzusetzen, sorgfältige Planung und exaktes Timing sind für einen Sieg entscheidend. So ist es möglich genaue Festlegungen zu treffen, ob die Soldaten vorrangig auf Fernwaffen zurückgreifen, lieber die Bajonette und Säbel zücken und zum Nahkampf übergehen, oder ob sie das Feuer einstellen sollen, wenn Gefahr besteht, eigene Truppen zu verletzen. American Conquest - Divided Nation ist ein Spiel der Massenschlachten, einzelne Soldaten sind auf dem Feld hilflos und ergreifen schnell die Flucht. Bestimmte Einheiten wie Generäle können aus den versprengten Einzelkämpfern wieder eine schlagkräftige Formation bilden, deren Kampfwerte sich in der Gruppe und mit steigender Kampferfahrung stetig verbessern. Auch bei der Steuerung dieser Gruppierungen ist exaktes und geplantes Handeln gefragt, die falsche Formation kann dem Gegner Angriffspunkte bieten und die Schlagkraft der Truppe entscheidend schwächen. Im Kampf bleibt natürlich meist wenig Zeit, erst prunkvolle Bauten zu errichten, im Kampagnen- oder Einzelschlacht-Modus kommen eher die Pioniereinheiten zum Zug, die auch abseits des wildesten Getümmels noch schnell das bitter nötige Feldlazarett oder einfache Verteidigungsanlagen errichten. Im Spielmodus Zufallskarte erinnert American Conquest - Divided Nation schon eher an ein Aufbau-Strategiespiel. Zu Beginn finden sich ein paar Bauern an einem entlegenen Ort der Karte wieder und beginnen mit der Errichtung einer komplett ausgestatteten Basis. Ressourcen finden sich in den umliegenden Minen, Nahrung lässt sich am einfachsten auf Farmen sammeln und Holz ist auch reichlich verfügbar. Alles in allem der spielerisch wohl gelungenste Part des Spiels, wenn auch ohne Überraschungen. Anders als in den großen Schlachten werden alle Einheiten hier einzeln produziert, die sinnvolle Gruppierung zu einer großen Armee obliegt dem Spieler. Die Gebäude lassen sich in den meisten Fällen weiterentwickeln, um die Produktion zu steigern oder neue verbesserte Einheiten zu erhalten. In der gleichen Art und Weise ist es möglich, die Fähigkeiten der vorhandenen Truppen zu verbessern. Gerade zu Beginn des Spiels ist dieser Teil recht ausgedehnt, es kostet einiges an Zeit und Mühe eine Armee aufzustellen, die sich mit denen des Kampagnen-Modus messen kann. Die Intelligenz der Gegner ist, vor allem bei höheren Schwierigkeitsgraden, recht ordentlich, taktische Glanzleistungen können jedoch nicht erwartet werden. Der Gegner beginnt oft schon recht früh zu feuern, was aufgrund der schwachen Trefferleistung jedoch meistens zu seinem Nachteil gerät, so bleibt genügend Zeit, die eigenen Truppen näher heranzuführen, um mit gezieltem Feuer große Verluste herbeizuführen. Die Computergegner übersehen aber auch taktische Lücken in der eigenen Aufstellung und wissen diese nicht zum eigenen Vorteil zu nutzen. Das sind Ansprüche, die einem so offensichtlich taktisch- und schlachtorientierten Spiel gut gestanden hätten. Ganz anders natürlich beim Spiel gegen menschliche Gegner. Hier sind den taktischen Fähigkeiten kaum Grenzen gesetzt, Fehler in der Truppenaufstellung oder im Timing der Angriffe erweisen sich im Multiplayer als weitaus fataler, als beim bloßen Kräftemessen mit der CPU. Grafik Die größte Schwäche des Spiels liegt zweifelsohne in der grafischen Umsetzung und den damit verbundenen Einschränkungen in Handlungsfreiheit und Nutzerinteraktion. Klar, tausende Einheiten gleichzeitig auf einem Bildschirm kämpfen zu sehen, ist für eine Weile ein recht imposanter Anblick, doch vermag es American Conquest - Divided Nation nicht, vernünftige Steuerungsmechanismen für diese Menschenmassen zur Verfügung zu stellen. Das beginnt schon bei der veralteten Grafikengine, welche die Darstellung auf die nicht mehr zeitgemäße, fixierte Iso-Perspektive beschränkt und zudem nur einen zweistufigen Zoom kennt - entweder zu nah oder zu weit weg. Es fällt schwer, im Getümmel nach einzelnen Einheiten zu fahnden. Der Einzelne verliert sich in der wabernden Masse und es fordert ein geduldiges Suchspiel im Pause-Modus, um die ersehnten Bonus-Fähigkeiten zu eröffnen. Nicht nur, dass die Einheiten schon in der Naheinstellung kaum unterscheidbar sind, die völlig uninspirierten Icons der Steuerleiste geben dem Einsteiger den Rest. Löblich, dass viel Platz für die Übersichtskarte freigehalten wird, aber wenn dies auf Kosten der GUI und der Bedienbarkeit geht, wurde eindeutig am falschen Ende gespart. Icons für Formationsangriff oder kein Formationsangriff, Säbel oder Flinte. Auf den meisten Buttons ist irgendein Soldat abgebildet und erst irgendwo am Rand befindet sich ein kleines Symbol, welches die eigentliche Funktion bebildern soll. Das alles verliert sich in einem Farbton irgendwo zwischen Gelb und Braun. Auch gibt es getrennte Schalter, um bestimmte Fähigkeiten ein- oder auszuschalten, ein schneller Überblick über die aktuelle Befehlslage ist somit fast unmöglich. Bei der Wahl einer kleineren Auflösung klärt sich dieses Problem etwas, dafür geht der Überblick über das Schlachtgeschehen völlig verloren. Ein weiteres Problem ergibt sich aus den großen Einheitenzahlen - die Anforderungen an die Rechentechnik sind enorm und lassen auch aktuelle Rechner mitunter in die Knie gehen. Effekte, die im Hinblick auf die gebotene Optik kein Verständnis finden, es stellt sich die Frage, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, nur mit einem Zehntel der Einheiten zu operieren und dafür die grafische Darstellung etwas ansprechender zu gestalten, oder die gewonnene Performance in eine stufenlose Zoomfunktion zu investieren. Sound Die musikalische Untermalung des Spiels ist durchaus gelungen und stimmt prächtig in die Zeit und den Kontext ein. Dies kann aber nicht über das komische Gefühl hinwegtäuschen, dass wohl irgendetwas fehlt: Kein "Ja, mach ich, Sir!", kein "Hier!", die Einheiten bleiben völlig stumm und nehmen jeglichen Befehl mit teilnahmsloser Gelassenheit entgegen. Mag dies zu Beginn noch als schrullige Eigenheit des Spiels durchgehen, hinterlässt es in der Gesamtbetrachtung aller Unzulänglichkeiten doch einen komischen Nachgeschmack. American Conquest - Divided Nation ist kein schlechtes Spiel, erscheint vielleicht nur ein paar Jahre zu spät. Die nicht mehr zeitgemäße Grafik lässt auch die wenigen Highlights wie etwa die Massenschlachten recht schnell verblassen und übrig bleibt ein durchschnittliches Strategiespiel, das bei ausufernden Hardware-Anforderungen ein optisch altbackenes und bestenfalls durchschnittliches Erlebnis bietet. Für Strategie-Fanatiker bei dem Preis sicher trotzdem eine Überlegung wert, Einsteiger und Gelegenheitsspieler kommen anderweitig sicher mehr auf ihre Kosten. (02.03.2006)
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