Sega Mega Drive Collection

Sega Mega Drive Collection (PSP)

(Sega)

geschrieben von Christian Graser

 

 
Entwickler: Digital Eclipse
Publisher: Sega
Genre: Spielesammlung
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Sega Mega Drive Collection
Preis: 29,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Lange bevor Sony und Microsoft auf die Idee kamen ins Konsolengeschäft einzusteigen, wurde der Markt praktisch zwischen zwei Riesen aufgeteilt: Nintendo und Sega. Während das "rote" Unternehmen auch heute noch gut dasteht, hat sich Spieler blau mit den Konsolen Saturn und Dreamcast als Hardware-Produzent verabschiedet, ist den Fans aber glücklicherweise als Entwickler und Publisher erhalten geblieben. Wer die Blütezeit Segas, das 16-Bit-Zeitalter, verpasst hat, erhält mit der "Sega Mega Drive Collection" die Gelegenheit, einen Einblick in die bunte Videospielwelt zu Beginn der 90er Jahre zu gewinnen.

Was wird geboten?

Die Spielesammlung enthält 27 bunt gemischte Repräsentanten der Jahre 1989 bis 1996, darunter einige wie "Vectorman 2" oder "Sword of Vermillion", die nur für die Konsole Genesis, das amerikanische Pendant zum Mega Drive, erschienen sind. Zu jedem Spiel gibt es neben der Hintergrundgeschichte einige wissenswerte Fakten wie zum Beispiel die Tastenbelegung, Tipps und Tricks sowie Bilder der Originalverpackung zu entdecken. Als Anreiz zum Spielen der unterschiedlichen Titel wurde umfangreiches Bonusmaterial in die Spielesammlung gepackt. Um in den Genuss der Interviews, Spieletrailer oder Automatenklassiker zu kommen, müssen Sie nämlich für jedes dieser Extras eine kleine Bedingung erfüllen, beispielsweise in "Virtua Fighter 2" einen Kampf durch Ring-Out gewinnen oder in "Altered Beast" 150.000 Punkte sammeln. Etwa die Hälfte aller Spiele dürfen Sie auch zusammen mit einem Freund bestreiten, eine zweite PSP samt UMD vorausgesetzt.

Kämpfe, so weit das Auge reicht

Als der Sega Genesis 1989 in den USA erschien, war das Prügelspiel "Altered Beast" im Paket enthalten. Darin kloppen Sie in der Rolle eines Kriegers, der sich in einen Werwolf verwandeln kann, gegen Horden Untoter, um zu guter Letzt die Göttin Athene aus den Klauen des Oberbösewichts zu retten. Technisch und spielerisch wesentlich ausgereifter ist die "Golden Axe" Serie, von der alle drei Teile in der Sammlung enthalten sind. Als Zwerg, Barbar oder Amazone ziehen Sie wahlweise allein oder mit einem Freund durch die abwechslungsreichen Levels, um mittels Magie oder verschiedener Kampftechniken unzählige Schergen ins Jenseits zu befördern. Dank witziger Ideen, wie den zaubertrankstehlenden Gnomen oder den originellen Reittieren, sind diese Titel auch heute noch spielenswert.

"Virtua Fighter 2" war zwar auf dem Saturn ein großer Erfolg, die Mega Drive-Portierung leidet allerdings unter dem Rückschritt in eine zweidimensionale Ansicht. Das Spiel verblasst leider neben heutigen Beat' em Ups und hätte lieber durch "Street Fighter", das den damaligen Prügel-Standard besser verkörpert, ersetzt werden sollen. Auch das bockschwere Actionspiel "Super Thunder Blade", in dem Sie einen modernen Kampfhubschrauber abwechselnd durch drei- und zweidimensionale Levels steuern und neben zahllosen Feindobjekten auch gegen übergroße Zwischen- und Endgegner kämpfen, gehört zu den weniger repräsentativen Titeln.

Einen umfassenden Einblick in die Rollenspiele zu Beginn der 90er Jahre erhalten Sie aber durch "Sword of Vermillion" und die Teile zwei bis vier der "Phantasy Star"-Serie. In Erstgenanntem erleben Sie das Geschehen in Siedlungen und Kämpfen aus der Iso-Perspektive, das Reisen aus der Ego-Sicht und Duelle mit Bossgegnern in 2D-Ansicht von der Seite. Sie begleiten den namenlosen Helden ab seinem achtzehnten Geburtstag durch ein umfangreiches englischsprachiges Rollenspiel, um das Land aus dem Griff des finsteren Tsarkon zu befreien und die Ermordung seiner Eltern zu rächen. Die "Phantasy-Star"-Teile verknüpfen in einer Science-Fiction-Welt gelungen Rollenspiel und taktische rundenbasierte Kämpfe und erreichen so nahezu die Qualität der legendären Shining-Force-Serie.

Auch Köpfchen ist gefragt

Was Tetris für Nintendo-Jünger ist, wird auf Sega-Konsolen durch "Columns" verkörpert. Drei Edelsteine fallen vertikal aneinander gekettet vom oberen Bildschirmrand herab, lediglich die Position innerhalb der Kette und deren Rechts- oder Linksbewegung wird von Ihnen bestimmt. Bringen Sie drei oder mehr gleichfarbige Klunker in eine Reihe, lösen sie sich auf; besonders viele Punkte gibt es für Kettenreaktionen, die durch nachrutschende Steine ausgelöst werden. Der Suchtfaktor ist ähnlich hoch wie beim großen Vorbild, auch wenn es nicht dessen Popularität erreicht hat.

Deutlich schwächer sind dagegen die Titel "Bonanza Bros.", "Flicky" und "Gain Ground", die weder grafisch noch spielerisch auf Dauer überzeugen können. Egal ob Sie während eines Beutezugs vor Wachleuten in Deckung gehen und unter Zeitdruck den Ausgang finden, kleine Küken vor der hungrigen Katze in Sicherheit bringen oder einen Söldnertrupp durch eine feindliche Übermacht bewegen müssen - die drei Reaktionstests dienen eher als Füllmaterial, mit dem Sie sich nicht lange aufhalten, sondern lieber zu originelleren Kandidaten voranschreiten sollten. "Ecco the Dolphin" ist ein solcher. Sie steuern den namengebenden Tümmler durch sehr schöne von Boris Vallejo gezeichnete Unterwasserlandschaften und helfen ihm dabei, seine Familie wiederzufinden. Tierische Gegner überwinden Sie dabei per Schnauzen-Stoß-Attacke, natürliche Hindernisse wie Felsen durch akrobatische Sprünge oder gewagte Tauchmanöver. Der zweite Teil "Ecco: the Tides of Time" ist qualitativ ebenso hochwertig, lediglich "Ecco Jr." bleibt hinter den Erwartungen zurück und ist eher für die Jüngeren geeignet.

Vom Hüpfen und vom Rennen

Vor fünfzehn bis zwanzig Jahren war die Königsdisziplin bei Konsolenspielen das Jump'n'Run, und die wichtigsten Genrevertreter hießen Mario und Sonic. Zehn Titel der vorliegenden Compilation sind in dieser Gattung anzusiedeln, und so manche Perle treibt dem Nostalgiker Freudentränen in die Augen. "Alex Kidd" war eine der tragenden Figuren des Sega Master Systems und auch auf dem Mega Drive überzeugt er mit einem soliden Auftritt. Gegner erledigen Sie durch gezielte Sprungkicks oder mit seinem Feuerschuss; in Stein-Schere-Papier-Minispielchen können Sie sich zusätzliche Punkte verdienen. "Kid Chameleon", der Junge mit der coolen Sonnenbrille, verlässt sich nicht nur auf seine Sprungkraft, sondern gewinnt durch verschiedenartige Helme Spezialkräfte wie beispielsweise die eines Samurai. Mithilfe dieser Fähigkeiten bezwingen Sie die originellen Gegner und meistern die herausfordernden Sprungpassagen. Originell ist auch der Protagonist von "Decap Attack". Chuck D. Head ist nämlich eine Zombie-Mumie und verfügt als solche über abgefahrene Methoden, um Widersacher zu beseitigen. Auf Knopfdruck schleudern Sie seinen Kopf nach feindlichem Getier und wie ein Bumerang kehrt er zurück. Besondere Erwähnung findet auch das Inventar, aus dem Sie jederzeit eingesammelte Reagenzien auswählen und bei Bedarf aktivieren können. Dadurch wird Chuck mal schneller, mal springt er höher oder verursacht doppelten Schaden.

Untrennbar mit Sega ist der Name Sonic verbunden. Der coole blaue Igel wurde in den 90er Jahren zum Synonym für Geschwindigkeit, und "seine" Jump'n'Runs zählen bis heute zu den besten, die Sie in die Finger kriegen können. In die Spielesammlung hat man "Sonic the Hedgehog" und "Sonic 2" gepackt, die beide durch abwechslungsreiches und herausragendes Leveldesign zu überzeugen wissen. Der fiese Dr. Robotnik hat Sonics Freunde in Robotern eingesperrt, die fortan als Gegner die Spielwelt unsicher machen. Durch einen Sprung auf den Kopf oder als zusammengerollter Igel zerstören Sie die Blechgesellen und befreien die putzigen Tierchen. Highlight jeder Etappe ist der Kampf gegen die ausgeklügelten Maschinen des Bösewichts, die jeweils eine bestimmte Taktik erfordern, um Sie zu besiegen. Deutlich gemütlicher, aber nicht minder abwechslungsreich geht es in "Ristar" zu. Sie verkörpern den namensgebenden Stern, der sich auf zwei Beinen fortbewegt und seine Arme teleskopartig verlängern kann. Hiermit können Sie gewagte Klettermanöver durchführen, oder einfach Gegner greifen und an Ristars Kopf zerdeppern.

Eine weitere Legende auf Sega-Konsolen ist der Ninja Joe Musashi, der mit "Shinobi III" sein Stelldichein gibt. Mithilfe asiatischer Kampfkunst, Wurfsternen und Schwert kämpfen Sie sich durch fernöstliche Landschaften gegen die finsteren Schergen der Neo Zeed – anspruchsvoll, aber sehr motivierend. Ein besonders originelles Jump'n'Run verbirgt sich hinter dem Namen "Comix Zone". Der Zeichner Sketch Turner wird durch ein Gewitter in seinen eigenes Comic geschleudert und der Antagonist aus dem Heft materialisiert sich teilweise in der Realität. Fortan bewegen Sie sich stilgemäß von Bild zu Bild, führen Dialoge in Sprechblasen und bekämpfen in bester Beat'em Up-Manier die Gegner, die oftmals erst noch von der Hand des Schurken eingezeichnet werden. Unterstützung erhalten Sie durch die hübsche Alicia und Turners Hausratte Roadkill.

Als zwei der letzten Titel erschienen 1995 und 1996 die beiden "Vectorman"-Teile. 2049 verlässt die Menschheit aufgrund zu großer Verschmutzung die Erde und die Roboter reißen die Herrschaft an sich. Lediglich Vectorman, ein Müllbeseitigungsdroide, bleibt loyal und führt einen actionreichen Kampf gegen die durchgeknallten Blechbüchsen. Im Stile von "Turrican" oder "Probotector" ballern Sie sich in diesen Titeln durch tolle Levels und genießen die schönste Grafik, die auf dem Mega Drive zu sehen war. Da Vectorman komplett aus Kugeln besteht, können Sie durch das Aufsammeln von Power-Ups seine Erscheinungsform verändern und so die Fähigkeiten besiegter Gegner annehmen.

Spiele von damals mit der Technik von heute

Da die Titel eins zu eins auf die PSP portiert wurden, entsprechen Grafik und Sound dem Stand von 1989 bis 1996. Die Bandbreite reicht von Spielen mit hässlicher Klötzchengrafik wie "Bonanza Bros." oder "Flicky" bis hin zu Vertretern mit wunderschön gezeichneten Hintergründen ("Comix Zone", "Ristar" und "Ecco"), oder tollen Lichteffekten ("Vectorman 2"), die auch heute noch ansehnlich sind. Akustisch sind die meisten Spiele auch nach aktuellen Standards gut sortiert; es ist kein Titel dabei, der Ihnen nach längerem Hören auf die Nerven gehen wird. Nahezu alle Spiele sind problemlos unterwegs spielbar, sodass die Umsetzung für die PSP ein gelungener Schachzug ist. Die Steuerung ist zwar nicht so perfekt wie mit einem Mega Drive Gamepad, da der Weg beim Analog-Stick zu lang und mit den digitalen Richtungstasten ein präzises Drücken der Diagonalen nicht möglich ist, doch die Option, die Spiele jederzeit speichern zu können, macht dies wieder wett.

 

  

Eine Schatztruhe voll mit schönen Erinnerungen

Der Mega Drive war nach dem Atari VCS 2600 meine zweite Konsole und wird noch heute regelmäßig benutzt. Grund dafür ist der zeitlose Charme, mit dem viele Spiele aus dieser Zeit gesegnet sind. Wer die 16-Bit-Ära verpasst hat oder damals die Nintendo-Schiene gefahren ist, erhält mit der "Sega Mega Drive Collection" die Möglichkeit, für wenig Geld ein großes Stück Videospielgeschichte zu erleben. Zwar sind viele Titel heute nicht mehr zeitgemäß, aber Jump'n'Runs, die sich mit "Sonic", "Shinobi", "Ristar", "Comix Zone" oder "Vectorman" messen können, sind seitdem nur noch höchst selten erschienen. Wer dieses Genre mag oder sich für Klassiker begeistern kann, sollte - auch wegen der vielen Extras - bedenkenlos zugreifen; ich jedenfalls bin für die nächsten Monate mit einer Reise in die Videospielvergangenheit beschäftigt.

(06.02.2007)

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