Red Steel (Wii) (Ubisoft) geschrieben von Oliver Domke
| ||||||||||||||||||
"Red Steel" war das erste Spiel, das offiziell für Wii angekündigt wurde. Spektakuläre Schusswechsel auf den mit Neonlicht überfluteten Straßen Tokios sowie Schwertkämpfe gegen Großmeister in Dojos wurden im Rahmen diverser Videospielmessen präsentiert - entsprechend hoch waren die Erwartungen an Ubisofts Egoshooter. Ob das Actionspiel für Nintendos neue Konsole dem Hype gerecht wird, lesen Sie in unserem Test. Von Los Angeles nach Japan Diesen Abend hat sich der Amerikaner Scott Monroe sicherlich anders vorgestellt: Eigentlich sollte er ihn ganz in Ruhe mit seiner Verlobten Miyu und deren Vater - einem wichtigen japanischen Geschäftsmann - verbringen, um den alten Herrn besser kennenzulernen. Doch bevor es dazu kommen kann, wird der gute Mann von einer rivalisierenden Gang ermordet und die Herzensdame entführt. Das können Sie natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Sie verfolgen in der Rolle des Scott die Verbrecher bis nach Japan und schneller, als Sie "Yakuza" sagen können, befinden Sie sich inmitten eines Bandenkrieges eben dieser. Diverse Clans haben die Kontrolle über ihre Bezirke verloren und bitten nun Sie, den "Samurai aus dem Westen", um Hilfe. Sie stimmen zu (weil es nun mal die einzige Möglichkeit ist, den Entführern Ihrer Verlobten auf die Spur zu kommen), und schon stehen Sie schwer bewaffnet in der Tokioter Unterwelt, um die alte Ordnung wiederherzustellen. Die Waffen eines verliebten Mannes Damit Sie den Massen an Feinden nicht ganz wehrlos gegenüberstehen, finden Sie im Spiel allerhand Schusswaffen. Diese können Sie, während Sie sich mit dem Stick des Nunchuk-Controllers durch die Levels bewegen, durch einfaches Zielen mit der Wiimote bedienen: Mit B wird der Abzug gedrückt, nachdem der Gegner anvisiert wurde. Hört sich simpel an, geht aber aufgrund der sehr empfindlich reagierenden Steuerung erst nach relativ langer Eingewöhnung locker von der Hand. Das Arsenal reicht von leichten Waffen, wie Revolver und Uzi bis zu schweren Waffen wie Schrotflinte und Scharfschützengewehr - tragen können Sie allerdings immer nur zwei dieser Problemlöser. Sehr nett: Während Sie durch eine kurze Bewegung mit dem Nunchuk nachladen, ist das typische "Klicken" der Waffe aus dem Lautsprecher der Wiimote zu hören. Hin und wieder kommt es vor, dass Sie auf weit entfernte Gegner zielen müssen. Auch das ist kein Problem: Durch eine Bewegung der Wiimote nach vorn benutzen Sie den Zoom. Im Verlauf des Spiels erlernt Scott zudem die sogenannte Focus-Time. Wird sie aktiviert, friert die Zeit kurz ein und Sie haben die Möglichkeit, Ihre Gegner mit der Waffe in gewünschter Reihenfolge zu "markieren", nur um ihnen direkt im Anschluss ohne Chance auf Gegenwehr die Kugeln um die Ohren fliegen zu lassen - "Matrix" lässt grüßen! Nichtsdestotrotz werden Sie sich aber nach einer gewissen Zeit wie an einer Schießbude auf dem Jahrmarkt fühlen, denn das Leveldesign ist nicht besonders abwechslungsreich: Sie säubern einen Raum von Gegnern, gehen zum nächsten Raum und tun dort das Gleiche. Aufgelockert wird das Ganze zum Glück durch recht häufig auftretende Schwertkämpfe gegen spezielle Feinde. In einem solchen Fall tauschen sie Ihre Schusswaffen kurzzeitig gegen die etwas aus der Mode gekommenen Klingen ein: Mit der Wiimote führen Sie ein mächtiges Katana, das im Verlauf der Story ebenfalls eine wichtige Rolle spielen wird; mit dem Nunchuk kontrollieren Sie das Tanto, ein Kurzschwert, das hauptsächlich zum Blocken dient. Während es anfangs reicht, mit den Controllern wild herumzufuchteln, werden die Kämpfe schnell anspruchsvoller und erfordern einiges an Geschick. Es sei allerdings erwähnt, dass das Katana die Bewegung des Controllers nicht synchron übernimmt, sondern je nach Auslenkung einen von mehreren Moves ausführt. Gerade deswegen sollten Sie die Spezialfähigkeiten nutzen, die Sie nach und nach erlernen werden, denn durch derartige Kombos erleidet der Gegenspieler höheren Schaden. Verlieren Sie dennoch zu schnell Lebensenergie, haben Sie zwischen den Missionen immer die Möglichkeit, Ihr Können an einer beliebigen Waffe zu trainieren. Apropos Gesundheit: Im gesamten Spiel gibt es keine Items, die die Lebenskraft regenerieren. Wird Scott verletzt, nimmt seine durch einen roten Balken symbolisierte Energie ab - ist sie aufgebraucht, starten Sie am letzten Speicherpunkt einen neuen Versuch. Um wieder zu Kräften zu kommen, benötigt Scott Ruhe. Nach einem Schusswechsel oder in der Deckung erholt er sich, wenn er in dieser Zeit nicht erneut getroffen wird. Um gegen die japanische Mafia bestehen zu können, benötigen Sie allerdings nicht nur Kraft, sondern auch Respekt. Den bekommen Sie, wenn Sie sich dazu entscheiden, Ihre besiegten Gegner zu verschonen, statt ihnen den finalen Schlag zu verpassen - das Spiel lässt Ihnen bei fast jedem Kampf die Wahl. Ehrenhaftes Verhalten wird zudem mit Boni wie längerer Focus-Time oder höherer Angriffskraft belohnt. Ein sehr interessantes Feature in Zeiten von Diskussionen über Gewaltförderung durch Videospiele. Technik: Ein zweischneidiges Schwert Lassen Sie sich von der Optik der ersten Missionen nicht abschrecken: Wenn Sie nach ein bis zwei Stunden Spielzeit die sehr tristen und steril wirkenden Levels, in denen sie sich beispielsweise durch ein Hotel oder einen Flugzeughangar kämpfen, hinter sich haben, legt "Red Steel" ordentlich zu. Ungewöhnliche Schauplätze und Aufgaben, die unter Zeitdruck erledigt werden wollen, sorgen für Spannung. Ein absoluter Höhepunkt dürfte eine Mission in bester "Saw"-Manier darstellen, in der Sie der Gewalt eines Psychopathen dadurch entkommen müssen, dass Sie seine kranken und vor allem tödlichen Spielchen meistern - atmosphärisch völlig gelungen und nicht die einzige interessante Idee, die von den Entwicklern umgesetzt wurde. Insgesamt sollten Sie allerdings keine zu hohen Erwartungen an die Grafik stellen, denn sie befindet sich gerade mal auf durchschnittlichem GameCube-Niveau. Trotzdem weiß das Spiel mit Spiegelungen, einer nahezu ausnahmslos zerstörbaren Umgebung und einigen coolen Lichteffekten zu begeistern. Die oben bereits erwähnte, aber leider etwas dünne Story wird (ähnlich "Max Payne" oder Ubisofts "XIII") in einem hübschen Comic-Look erzählt. Auch hier wäre optisch natürlich mehr drin gewesen, allerdings fällt das nicht sehr ins Gewicht, da dieses Design bewusst als Stilmittel eingesetzt wurde. Akustisch ist das Spiel mehr als gelungen. Gerade beim Soundtrack hat sich Ubisoft sehr viel Mühe gegeben und präsentiert eine Mischung aus japanischem Pop und eher westlichen, rockigeren Klängen, die vom Anfang bis zum Schluss einen wesentlichen Teil zur Atmosphäre beiträgt. Auch die deutsche Lokalisierung ist hervorragend. Die Sprecher verrichten ihre Arbeit nahezu perfekt - die japanischen Satzfragmente eingeschlossen. Auf Wunsch wird das Spiel zusätzlich untertitelt. Leider wiederholen sich im Spielverlauf einige Sprachsamples doch etwas häufig: So gut wie jedes Mal, wenn Scott in einem Gefecht hinter einem Kistenstapel in Deckung geht, kommentieren die Feinde dies mit einem verwirrten "Er ist weg!". Die Intelligenz der Gegner ist akzeptabel, man sollte aber keine taktischen Finessen erwarten. Leider ebenfalls nicht optimal gelöst wurde das Speichersystem: Das Spiel sichert an Checkpoints automatisch; sie sind bisweilen aber etwas ungeschickt gesetzt, sodass man einige längere Passagen oder storyrelevante Dialoge nach dem Ableben unnötigerweise noch einmal wiederholen muss. Ein freies Speichern ist nicht möglich; beim Fortsetzen eines Spielstandes befindet man sich zudem immer am Beginn einer Mission. Lobenswert hingegen ist die Möglichkeit, einzelne Aufträge bei Bedarf im Hauptmenü erneut anwählen zu können. Wer sich gerne mit bis zu drei Freunden in den Yakuza-Krieg begeben möchte, wird zumindest kurzzeitig glücklich. Neben dem klassischen Deathmatch und Team-Deathmatch gibt es in "Red Steel" einen interessanten Modus namens "Killer". Hier erhält jeder Spieler zu Beginn über den Lautsprecher seiner Wiimote einen individuellen und geheimen Auftrag, zum Beispiel "Töte Spieler Drei mit einer Granate!". Wer das vorgegebene Ziel zuerst erreicht, kassiert die Punkte. Darüber hinaus kann sich jeder Spieler anfangs für einen Bonus entscheiden, der bei Bedarf kurzfristig eingesetzt werden kann. Zur Wahl stehen "schnelleres Regenerieren", "unendlich Munition" oder "höhere Angriffskraft". Alles in allem sind dies zwar ganz nette Ideen, aufgrund fehlender Onlinefähigkeit und gerade mal vier unterschiedlichen Karten aber längerfristig nicht unbedingt unterhaltsam. So wird der Mehrspielermodus nach kurzer Zeit zu einer zwar nett gemeinten, tatsächlich aber belanglosen Beigabe. Fazit: Arigato, Ubi-San! "Red Steel" ist alles andere als ein schlechtes Spiel geworden und nutzt die Fähigkeiten des Wii gut aus. Allerdings kann es die vielleicht zu hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen; dafür trüben zu viele kleine Schnitzer, die einzeln gar nicht so sehr ins Gewicht fallen würden, in der Summe das Gesamtbild. Wer mit Mankos wie einem nicht optimalen Speichersystem oder einer anfangs gewöhnungsbedürftigen Steuerung leben kann, bekommt mit "Red Steel" einen zwar spielerisch abwechslungsarmen, aber dennoch soliden Shooter präsentiert, der mit einem unverbrauchten Setting und einigen interessanten Ideen zu begeistern weiß. (10.01.2007) |