Crime Life - Gang Wars (Konami) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Jedes Jahr sterben tausende Menschen, weil sie dummerweise mit einer Gang in Kontakt gekommen sind. Sie werden Opfer von Anschlägen dieser Gangs, weil sie sich nicht mit Ihnen arrangiert haben, weil sie in einer rivalisierenden Gang sind, weil sie sich nicht ihren kriminellen Machenschaften ergeben wollten oder ganz einfach deswegen, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Die Mitglieder dieser Gangs sehen sich selbst als Outlaws, das einzige Gesetz, das sie befolgen, ist ein selbstauferlegter Ehrencodex, der natürlich nicht viel mit staatlichen Regelungen zu tun hat. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Ausbildungssituation in vielen Städten, gerade in den USA, erscheint es vielen Jugendlichen jedoch erstrebenswert, sich einer dieser Gangs anzuschließen, denn einen 'normalen' Lebensweg können viele aufgrund ihrer misslichen sozialen Lage gar nicht mehr einschlagen. Zudem hat die Industrie den "Gangsta"-Lifestyle zu einer Modeform erhoben, die mittlerweile weltweit ihren Siegeszug angetreten hat. Im Gepäck von Musik- und Kleidungsindustrie versuchen immer mehr Branchen auf diesen scheinbar erfolgreichen Zug aufzuspringen und so bringt Konami nun mit "Crime Life - Gang Wars" ein Spiel auf den Markt, das sich mit dem Werdegang eines dieser Bandenmitglieder befasst. Dieser Test soll herausarbeiten, ob die Welt dieses Game braucht und wie die Umsetzung der Klischees des Milieus gelungen ist. Mord und Totschlag Das Spiel erzählt die Geschichte von Tre, einem Jungen, der durch seinen Cousin Darryl zu den Outlawz kommt, einer Gang, die weite Teile von Grand Central beherrscht. Tre ist natürlich ein Schwarzer, überall tätowiert und trägt Basketball-Klamotten. Damit sind nun zwar die Äußerlichkeiten gegeben, um der Gang beizutreten, aber zuerst gilt es, den Boss der Outlawz, ein grobschlächtiger Typ namens Big Dog, von der eigenen Nützlichkeit zu überzeugen. Dieser gibt Darryl den Auftrag Tre zu begleiten und zu beobachten, wie sich Tre im täglichen Einsatz für das Wohl der Gang schlägt. Die beiden besuchen den Friseur Smally Biggs am Ende der Straße und dieser bittet die Outlawz auch gleich um einen Gefallen. Der Barbier ist so etwas wie die graue Eminenz und die Vaterfigur des Viertels. Seine Nichte sei von deren Freund missbraucht worden und so werden Tre und Darryl losgeschickt, um ihm eine Lektion zu erteilen. Dass diese Lehrstunde darin besteht, ihn umzulegen, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben werden. Die beiden Schläger kämpfen sich zu dem Bösewicht durch und handeln, wie ihnen aufgetragen wurde. Tres "Arbeit" wird für gut befunden und er wird von den Outlawz aufgenommen. Er steht nun auf der untersten Hierarchiestufe und darf sich "Playa" nennen. Mit diesem ersten Mord beginnt nun die die kriminelle Karriere von Tre, in deren Verlauf er versuchen wird, sich zunächst bei den Outlawz einen Namen zu machen, dann gegen die verhassten Headhunterz zu kämpfen und letztlich nach 25 Missionen der Kingpin der ganzen Stadt Grand Central zu werden. Viel Feind - Viel Ehr Das, was im echten Gangleben dazu führt, dass jemand definitiv auch nicht nur in die Nähe des Rentenalters kommt, ist in diesem Spiel die Voraussetzung für eine Karriere in der Unterwelt: Man muss viele Feinde haben, damit man viele Leute umlegen kann. In "Crime Life - Gang Wars" stehen als potenzielle Mordopfer die Mitglieder der verfeindeten Gangs und die Leute, die sich mit den Mitgliedern der Gang angelegt haben, zur Verfügung. Ganz stilecht heißen die Feinde zum Beispiel Code E, 10 Secondz oder Justiss. Dem können natürlich die Outlawz in Nichts nachstehen und nennen sich Diesel, Furious oder Korrupt. Im Spiel gibt es noch weitere Gangs, zum Beispiel die "Pogue Mahones" und die KYC. Und dann ist da noch eine weitere Vereinigung, die auch nicht gerade zimperlich zur Sache geht: die Polizei. Dieses Staatsorgan versucht, die Gang Wars irgendwie zu unterbinden und gerät dabei auch selbst immer wieder in Kämpfe mit den Outlawz und hat dabei nicht unerhebliche Verluste hinzunehmen. Nun ist es eine Sache, im Auftrag der Gang zu töten, sich stadtweit einen Namen zu machen eine andere. Dazu sind Siege in einem sogenannten Fight Championship nötig, einer Keilerei, die in regelmäßigen Abständen von einer Frau namens Conchita organisiert wird. Conchita ist die einzige handelnde Frau in diesem Spiel, ausgerüstet mit allem, was ein Game-Babe so ausmacht, wenn auch in einer etwas derberen Aufmachung. Messer und Burger "Crime Life - Gang Wars" ist - technisch gesehen - ein Beat 'em Up-Spiel. Der Spieler steuert Tre durch die Straßen und Gassen von Grand Central. Alles, was ihm dabei ihn den Weg kommt, schlägt er zusammen oder schießt er nieder, je nachdem, welche Waffen ihm das Spiel in einer Situation zur Verfügung stellt. Dabei herrscht die typische Dritte-Person-Sicht vor, von hinten aus etwas erhöhter Position. Auf einem kleinen Kartenausschnitt des Stadtplans wird die nähere Umgebung angezeigt, ein Pfeil deutet die Richtung an, in der sich das Missionsziel befindet. Tre befindet sich von Anfang an in Gesellschaft, so ist zuerst nur Darryl bei ihm, mit steigendem Einfluss schließen sich ihm immer mehr Spießgesellen an. Diese agieren in Kampfsituationen weitestgehend autonom, Tre kann ihnen aber befehlen, bestimmte Grundverhaltensmuster auszuführen. So kann er seine Bande aufrufen, sich neu zu gruppieren, ihm zu helfen, aggressiv zu sein oder sich zurückzuhalten. Wie er selbst sind seine Kumpane nicht unverletzbar, sondern sie erleiden in den zahlreichen Kämpfen, die sie in einer Mission auszufechten haben, viele Gesundheitsverluste. Tre selbst kann diese wieder ausgleichen, in dem er seine Feinde umbringt und dafür eine Lebenspunktegutschrift bekommt, seine Kumpels allerdings müssen zur Regeneration etwas essen. In Grand Central besteht die kulinarische Szene nur aus der Fast-Food-Kette "Fat D's", die diesen Gourmet- Tempeln kann Tre seinen Mitschreitern Burger kaufen, um deren Gesundheit aufzupäppeln. Kommt es in vielen anderen Geschäften oftmals zu Überfällen durch die Tre-Gang, können die Burger bei "Fat D's" nur gekauft werden. Dazu benötigt Tre Geld, dass er entweder findet, als Lohn für erledigte Aufträge bekommt oder bei Überfällen zusammenrafft. SMS und Graffiti Vorbei sind endgültig die Zeiten, wo der Held der Story gesagt bekommt, was er zu tun hat. In "Crime Life - Gang Wars" wird der Spieler mit ungewissem Ziel losgeschickt und bekommt dann im Laufe der Mission eine SMS, die ihm die genaue Aufgabe erläutert. Diese ruft der Spieler dann im Pausenmenü auf und erfährt so alles Weitere. Das Pausenmenü, das eigentlich überhaupt nichts mit einem Menü zu tun hat, liefert dem Spieler alle wichtigen Daten über die Mission und Tres Karriere. Neben der SMS-Inbox zeigt es den Status der Gang an und hier kann der Gang-Leader sehen, ob er mal wieder ein Fast-Food-Restaurant aufsuchen muss oder ob die Bandenmitglieder noch weitere Kämpfe körperlich durchstehen werden. Neben dem Musik-Player, auf den später eingegangen werden wird, befinden sich im Menü auch noch die Karte der Stadt, auf der Einsatzziele eingezeichnet sind und - und das ist für das Spiel wichtiger - die Map gibt Auskunft darüber, welche Teile der Stadt von welcher Gang beherrscht werden. Aufgrund dieser Information kann der Spieler den Weg festlegen, den Tre gehen muss, um in fremdem Territorium möglichst wohlbehalten zum Ziel zu kommen. Ist Tre erst einmal im Hoheitsbereich einer feindseligen Gang, so lässt er es sich trotzdem nicht nehmen, diese Gang so stark wie möglich zu brüskieren. Sieht Tre an einer Mauer oder an einem Zaun ein Gang-Grafitti (ein sogenanntes Tag), dann zieht er selbst eine Farbdose aus der Tasche und sprüht das Outlawz-Tag darüber. Das bringt ihm normalerweise Ärger ein, aber auch jede Menge Prestige. Spieltechnisch gesehen dient das Übersprühen von feindlichen Tags dazu, zusätzlich Features freizuschalten, Tre erhält durch das Sprayen neue Moves und Waffen. Links und rechts Auf dem PC kann das Spiel über die Tastatur gesteuert werden, alle Funktionen und Tasten sind weisestgehend frei belegbar. Aber man merkt sehr schnell, dass die Steuerung über die Tastatur nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Es gibt nämlich keine freie Bewegung auf dem "Spielfeld", sondern es gibt nur die Richtungen nach oben, unten, rechts und links. Da aber die Kamera frei mitschwenkt, d. h., sie ist mal hinter der Figur und mal unter ihr, aber auch mal links über der Figur, möchte man auch mal schräg über einen Platz gehen. Das geht aber leider nicht. Will man zum Beispiel nach rechts quer über eine Straße laufen, dann muss man die "Hoch"-Taste drücken und dauernd mit der "Rechts"- Taste korrigieren. Das sieht dann wie eine Art Zickzack-Lauf aus und wenn man bedenkt, dass gleichzeitig noch ein Kampf stattfindet - was die Regel ist - dann kann man sich leicht vorstellen, dass bei zusätzlichen fünf bis acht Kampftasten (plus Special-Moves und Schlag-Kombos) ein Knoten in den Fingern unausweichlich ist. Das Ganze endet in einer wahllosen Tasten-Hämmerei und viel Frust. Konami hat sich überlegt, wie man diesem Manko abhelfen kann und hat zusätzlich zur Bewegung des Spielers auch noch eine frei steuerbare Kamera eingeführt, man kann so also manuell über die Kamera die Schrägposition ausgleichen. Natürlich sind das wieder noch mehr zu drückende Tasten. Deswegen sei jedem für dieses Spiel eine Steuerung über ein Gamepad sehr ans Herz gelegt. Über die beiden Analogsticks lässt sich die Steuerung einigermaßen meistern, ebenso die sonstigen Aktionen über die Knöpfe des Pads. Allerdings sei hier noch erwähnt, dass die gesamte Steuerung, egal ob über Tastatur oder Gamepad, sehr langsam reagiert. Wenn sich Tre erst einmal in einer Massenkeilerei befindet, dann ist es trotz augenscheinlicher Fluchtwege nur sehr schwer, ihn auch wirklich dort hinauszulotsen. Yo Homie! Grafisch macht "Crime Life - Gang Wars" nicht viel falsch. Der Schauplatz des Geschehens, Grand Central, wurde detailreich zum Leben erweckt. Alles, was vorurteilsmäßig zum Umfeld eines Gang-Lebens gehört, wurde in die Level eingebaut: Straßen voller Graffiti, Billard-Hallen, Friseursalons, Waffenläden und Gang Cribbs. Allerdings sind die handelnden Personen dafür dann eher schicht dargestellt, sobald es auf die Straße und in den Kampf geht. Auch haben die Skins der Gang-Mitglieder oder Passanten schon mal Ecken an Stellen, wo definitiv keine hingehören. Aber darauf achtet man sowieso nicht so sehr, man ist viel zu sehr damit beschäftigt, nicht zu sterben. Die Grafik ist aber auch nicht die wirkliche Stärke des Spiels, sondern es ist eindeutig der Sound. Im oben schon angesprochenen Menü befindet sich auch ein Musik-Player. Ruft man diesen auf, dann bekommt man eine Datenbank mit möglichen Songs zur Untermalung des Spiel zu sehen, die alle sofort freigeschaltet sind. Die Detroiter Rapper D12 passen perfekt ins Hip-Hop-Ambiente des Spiels und erstellten exklusiv für das Game einen Track namens "Throw it up". Als die Band für diese Aufnahme im Studio war, lieh sie gleich auch noch diversen Figuren des Games ihre Stimmen. Und da D12 scheinbar genau das verkörpert, was Konami unter "der urbanen Kultur unserer Zeit" (Pressemitteilung) versteht, wurden die D12-Mitglieder auch gleich noch als Charaktere in des Spiel aufgenommen. So finden sich die Rapper als Gangsta im Spiel wieder. Neben D12 haben noch weitere Hip-Hopper zum Soundtrack des Spiels beigetragen, darunter auch mehrere in Deutschland ansässige Musiker. Obwohl Leute wie Dek the Raw, Stylbi, All You Can Beat und Mnemonic doch eher Insidern bekannt sein dürften, tut es dem Spiel doch gut, neben dem Homie- mässigen US-Rap auch einmal deutsche oder französische Töne zu hören. Das entschädigt dann auch ein wenig dafür, dass das ganze Spiel in englischer Sprache abläuft und für den Europäer wieder einmal nur der Untertitel bleibt. Dafür sind dann die Konversationen sehr authentisch. Begonnen wurde dieser Testbericht mit der Frage nach dem Sinn einer Gang- Simulation. Kaum ein rational denkender Mensch wird es für angebracht halten, reales Gang-Leben zu glorifizieren. Und dennoch wird es gemacht, zumeist aus Geschäftemacherei. Gangsta-Rap und -Kleidung ist seit bald 10 Jahren ein Milliarden-Dollar-Geschäft, niemand regt sich mehr darüber auf. Reduziert man "Crime Life - Gang Wars" auf das Spiel, dann ist es ein brauchbares Beat 'em Up mit 25 abwechselungsreichen Missionen und einem sehr gut gelungenen Soundtrack. Abstriche machen muss man bei der Steuerung und der Kameraführung, nur mit viel Selbstbeherrschung kann man dem Verlangen widerstehen, in den Tisch zu beißen, weil die Spielfigur sich nicht zügig in die Richtung bewegt, in die man sie gesteuert zu haben glaubt. Aber ist es denn überhaupt erlaubt, das Spiel losgelöst von der Handlung zu sehen? Ich glaube, das sollte man nicht tun. Anders als zum Beispiel in Egoshootern, wo eindeutig das Schießen zur Zielerreichung im Mittelpunkt steht und der Kampf des Guten gegen das Böse der Antrieb ist, gibt es in "Crime Life - Gang Wars" kein gut und böse. Alle Gangs tun das Gleiche und die andere Gang ist nur deswegen der Feind, weil sie der eigenen Bande die Vorherrschaft abspenstig machen will. Darüber, dass man die ganze Zeit Verwerfliches um der Gewalt Willen tut, macht sich eigentlich niemand Gedanken. Es bleibt nur zu hoffen, dass das, was Konami als urbane Kultur unserer Zeit ausgemacht haben will, nicht zur Leitkultur wird. Es kann aber auch sein, dass ich mit meinen 38 Jahren einfach zu alt für dieses Spiel bin. (28.11.2005) Systemanforderungen (mindestens) - Windows 2000 oder Windows XP - Pentium III 1.2 GHz oder entsprechender Rechner - 256 MB RAM - NVIDIA(R) GeForce(TM)/ATI(R) Radeon(R) (Video-RAM 32 MB) - DVD-ROM - DirectX 9.0c oder höher - Sound-Karte erforderlich - 3 GB freier Festplatten-Speicherplatz
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