Nostalgie pur!
Ein Kickstarter-Projekt, das voll durchstartet: Pillars of Eternity ist alles, was Fans sich gewünscht haben, und überzeugt dabei zwar nicht mit einer innovativen Grafik, dafür aber mit dem Gameplay und der Story. Man könnte auch sagen, mit Pillars of Eternity geht Entwickler Obsidian zurück zu den Wurzeln und lehnt sich in vielerlei Hinsicht an altbewährten Titeln wie “Baldur's Gate” an.
Seelenwanderung
Zunächst einmal beginnt unsere Reise mit der Charaktererstellung. Hier sind die Möglichkeiten schier grenzenlos, und man sollte sich wirklich Gedanken darüber machen, welchen Charakter man erstellen will und welche Kombinationen hier sinnvoll sind. Hilfreich kann dabei durchaus das Handbuch sein, welches hier einige Erklärungen liefert. Zunächst einmal kommt die Wahl der Rasse, die Einfluss auf die Attribute des Charakters hat, sowie der Unterrasse. Bei den Rassen kann zwischen Mensch, Aumana, Zwerg, Elf, Orleaner und Gottähnlich gewählt und anschließend dann wie erwähnt noch eine jeweilige Unterrasse ausgesucht werden. Außerdem bietet “Pillars of Eternity” eine Auswahl aus elf Klassen an, nämlich Barbar, Kämpfer, Sänger, Paladin, Waldläufer, Medium, Druide, Mönch, Schurke, Zauberer und Priester. Dementsprechend verbringt man zunächst mal einige Zeit mit der Erstellung des Charakters, wie es für die meisten RPGs typisch ist. Sobald wir uns für einen Helden entschieden haben, kann es auch schon losgehen.
Wir starten ins Abenteuer und finden uns als Teil einer Karawane wieder, die ihr Nachtlager aufgeschlagen hat. Da wir uns nicht sehr wohlfühlen, machen wir uns auf die Suche nach ein paar Beeren, die uns heilen sollen. Doch schon bald geraten wir in einen Hinterhalt und können mit zwei anderen Figuren gerade noch so fliehen. Sofort befinden wir uns mitten in einer sehr komplexen Story, denn in der Welt von “Pillars of Eternity” spielen die Seelen der Menschen eine große Rolle. So sind wir aufgrund unserer Erkrankung plötzlich in der Lage, in die Seelen von anderen Figuren zu sehen und so herauszufinden, ob Personen die Wahrheit sagen. Aber wir können auch in die Seelen von Toten blicken und mit ihnen sprechen. Zudem spielt die Wiedergeburt eine wesentliche Rolle in der Story. Im Laufe der Geschichte erfahren wir, dass wir ein sogenannter Wächter geworden sind, der die Fähigkeit besitzt, Seelen zu untersuchen. In zahlreichen Dialogen können wir dieses Talent anwenden und finden so Dinge über Personen heraus, die sie uns in einem Gespräch wohl nie mitgeteilt hätten. Dieser Aspekt ist ein wichtiger Teil des Gameplays, denn durch bestimmte Fragen, Antworten und Fähigkeiten, die wir während eines Dialogs benutzen, ändern wir durchaus den Lauf der Dinge in der Welt Eora. So ist es uns manchmal möglich, einem Kampf aus dem Weg zu gehen, indem wir unsere Macht ausnutzen. In anderen Fällen können wir uns entscheiden, weitere Hintergründe zu erforschen, anstatt auf das Wort einer Person zu vertrauen und danach zu handeln. Dementsprechend können wir in unzähligen Haupt- und Nebenmissionen unseren Ruf verbessern oder verschlechtern und uns so bei gewissen Personen beliebt oder unbeliebt machen. Außerdem können wir, wenn wir eine Stufe aufsteigen, Punkte verteilen und uns etwa mehr Wissen geben, was wiederum Auswirkungen auf die Dialoge hat. Auch hier sind die Möglichkeiten wirklich unendlich.
“You must gather your party before venturing forth”
Auf unserer Reise haben wir die Option, Leute anzuheuern, die uns begleiten. Dies ist auch absolut empfehlenswert beziehungsweise sogar unumgänglich, denn “Pillars of Eternity” ist kein einfacher Hack-and-Slay-Titel. Das Kampfsystem hat es durchaus in sich, und die Kämpfe sind sehr anspruchsvoll und taktiklastig. Wer also eher auf der Suche nach einem RPG im Stil von “Diablo” ist, ist hier definitiv falsch.
“Pillars of Eternity” bietet uns die Möglichkeit, jederzeit das Spiel zu pausieren. Besonders im Kampf ist diese Option quasi zwingend notwendig, denn wir müssen alle unsere Charaktere steuern und strategisch positionieren. Die Pausetaste wird sozusagen zum besten Freund, denn das Kampfsystem verzeiht keine Fehler. Folglich empfiehlt es sich auch, oft zu speichern, weil man sich so einigen Frust ersparen kann. Hierfür gibt es zum Glück eine Schnellspeicherfunktion. Das Kampfsystem ist es, was das Spiel wahnsinnig anspruchsvoll macht und für Anfänger des Genres mit Sicherheit einige Verzweiflung mit sich bringt, denn ein einfaches Draufloslaufen und Einprügeln führen zum sicheren Tod. Machen wir nämlich beispielsweise mit unserem Zauberer einen Flammenzauber und einer unserer Verbündeten befindet sich in der Schussbahn, dann verliert dieser Lebensenergie. Hier gibt es kein Pardon. Außerdem können Charaktere, die einmal gestorben sind, nicht wieder zurückgeholt werden, sondern sind endgültig tot. Man sollte also wirklich mit viel Geduld und einer überlegten Taktik an die Sache herangehen und nichts übereilen. Zur Not können aber in jedem Gasthaus neue Abenteurer angeheuert werden. Hierbei sollte man vor allem darauf achten, dass sich die Fähigkeiten der unterschiedlichen Charaktere auch gut ergänzen.
Einen Mehrspielermodus gibt es in “Pillars of Eternity” nicht, er wäre aber auch schwer umzusetzen, da die Pausefunktion zu wichtig ist und man eigentlich auch immer fünf bis sechs Charaktere braucht, um die Kämpfe erfolgreich zu bestehen. Nichtsdestoweniger kann man sich im Solomodus viele Stunden beschäftigen und es wird garantiert nicht zu schnell langweilig. Hinzu kommt noch, dass man wie damals bei “Baldur's Gate II” seine eigene Festung ausbauen kann, was einem wiederum Attribute wie Macht, Anerkennung und Prestige verleiht und dafür sorgt, dass einem ein gewisser Ruf in Eora vorauseilt. Wie man merkt, wurde bei “Pillars of Eternity” nichts vergessen und sehr viel auf Details geachtet.
„Jessas, kannst es wohl nimma dawoatn …”
Auch was die Grafik anbelangt, lehnt sich Obsidian sehr an sein Vorbild “Baldur's Gate” an. Die Optik ist nicht unbedingt innovativ, und wer opulente Effekte erwartet, wird ein wenig enttäuscht sein. Anstatt auf epische Zwischensequenzen, konzentriert sich “Pillars of Eternity” eher auf seine tiefgründige Handlung, die mit sehr vielen Dialogen erzählt wird. Die deutsche Übersetzung beschränkt sich hierbei auf die Textausgabe, denn die Sprachausgabe ist komplett auf Englisch. Trotzdem hat man sich auch hier sehr bemüht, und ein Elf, der in der Sprachausgabe einen starken irischen Akzent hat, wird mit bairischem Dialekt untertitelt. Auch die Hintergrundmusik passt zum Spiel und rundet das ganze Spielerlebnis schön ab.